Manchmal schafft es der Schnee nicht bis Hannover, aber im Deister und im Osterwald kann es dann schon weiß sein. Also auf zur Winterwanderung in den Osterwald.
1. Hutewald im Osterwald
Momentan scheinen irgendwie alle Schnee zu haben, jeder postet grade wie wild Bilder vom Winterwunderland. Nur in meinem kleinen Dorf fallen die Schneeflocken zwar weiß schmelzend vom Himmel, doch sind verschwunden, sobald sie irgendetwas berühren. So ist das mit Vergänglichem, manchmal bleibt nicht das, was man sich erhofft.
Da saß ich also die letzten Tage im Büro und meine Schneehnsucht wurde größer und größer. Ich wollte so gerne wieder das Knirschen unter den Schuhsohlen hören, doch dafür ist es bei uns einfach zu warm. Harz kommt momentan leider auch nicht infrage, doch es gibt auch ganz nahe Alternativen. Zum Osterwald sind es von mir aus grade mal 14 Kilometer und schon stehe ich in einer anderen Welt.
Das fängt schon gleich hinter dem Parkplatz, der übrigens auf den bodenständigen Namen Rampe hört, ganz zauberhaft an. Nahe des Parkplatzes haben die Niedersächsischen Landesforsten 2014 ein Hutewald-Projekt gestartet. Dafür haben sie den Fichtenwald gelichtet und Eichen gepflanzt. Hauptakteure dort sind jedoch die schottischen Hochlandrinder, die den Boden zerfurchen, dass in den Pfützen und Pfuhlen Wasser stehen bleiben kann und einen idealen Lebensraum für Insekten, Amphibien und Libellen bietet.
2. Hochlandrinder und Soraia-Pferde
Wildkatzen durchstreifen die Gegend, ebenso wie der Schwarzstorch. Ich suche meinen Weg entlang des Hutewaldzauns und spaziere eine kleine Strecke in Richtung Dörpe. Durch den Hutewald, der mit Zäunen abgesperrt ist, windet sich der Gelbbach in malerischen Schleifen. Im Sommer stehen auf dem Gelände zudem noch Soraia-Pferde, die im ganz frühen Morgenlicht auch Einhörner sein könnten. Es ist eine kleinwüchsige Rasse halbwilder Pferde aus Portugal.
Doch weder frühes Morgenlicht noch Pferde gab es auf meiner Tour gestern, dafür die Rinder. Ein schottisches Rind ist aus dem Gebüsch getreten und zu seiner Wasserstelle getrottet. Ein schönes Bild, das sich immer lohnt, innezuhalten und zuzuschauen. Während es an dieser Stelle des Spaziergangs noch gar nicht nach viel Schnee aussah, sondern eher nach einem sparsamen Hauch, ändert sich das im Laufe der Tour. Am Ende des Rindergeheges biege ich links ab gen Sennhütte und der Weg nimmt Steigung auf. Mit jedem Schritt scheint sich auch die Schneemenge zu erhöhen. Da ist es endlich, das schönste Wintergeräusch, dieses Knirschen unter den Sohlen.
3. Auf dem Weg zur Sennhütte
Fichtenbestände wechseln sich mit Jungbuchen ab, meine Hündin und ich durchstreifen die Schneelandschaft. Schließlich gelangen wir zur Sennhütte, die momentan ja leider geschlossen ist. Dort gäbe es Leckereien wie Sennhüttenschmarrn oder Spätzle und Knödel. Also weiter, kurz hinter der Hütte heißt es rechts abbiegen. Dort beginnt ein Naturschutzgebiet namens St. Avold.
Der Name für dieses Gebiet stammt von lothringischen Steinmetzen, die zu Beginn des 20. Jahrhundert an dieser Stelle gearbeitet haben. Der Wealdensandstein aus dem Osterwald ist heute in Gebäuden wie der Deutschen Bank in Hannover oder der Hamburger Nikolaikirche zu finden.
4. Der Silbersee und sein Schatz
Es ist meine liebste Landschaftsform dieses Stück Waldes: In dem alten Steinbruch hat sich inzwischen ein Teich und damit auch eine schützenswerte Landschaftsform gebildet. Auf den alten Abbruchkanten des Steinbruchs führt der Weg entlang und bietet immer wieder schöne Blicke auf schroffe Felsen und das Wasser weit unten. Der Silbersee im Tal des Steinbruchs bietet ein wertvolles Habitat für Tiere wie Libellen oder Molche, die steilen Felswände sind Herbergen für einige Fledermausarten Im Sommer bin ich oft an dieser Stelle und schaue nur auf das Wasser. Und ja, manchmal denke ich auch an Karl Mays Werk „Schatz im Silbersee“. Dieser Schatz hier besteht aber in Artenvielfalt und Leben, anstatt in irgendwelchen toten Wertgegenständen.
5. Wanderung im Osterwald
Wandern im Schnee ist ganz schön anstrengend und die Tage kurz, also mache ich mich viel zu schnell wieder auf gen Rampe, damit ich nicht im Dunkeln mitten im Wald strande. Insgesamt misst die Strecke von der Rampe bis zur Sennhütte mit dem Umweg über den Silbersee etwa neun Kilometer und ist in gut zwei Stunden zu schaffen. Es ist eine der beliebtesten Wanderungen im Osterwald, deswegen sollte man sich nicht der Illusion hingeben, man könnte dort allein sein. Bei Schnee schon gar nicht, der Parkplatz ist voll. Aber unterwegs trifft man kaum Menschen, irgendwie verteilt sich das dann doch.
6. Parken und Tipps
Der Wanderparkplatz im Osterwald liegt direkt an der L 422, er ist gekennzeichnet mit dem Schild „Sennhütte“. Wer etwas länger unterwegs sein möchte, kann auch schon von der Holzmühle aus starten, verpasst dann aber die Rinder und den Hutewald.
7. Wissenswertes zum Osterwald
Der Osterwald bildet mit dem Kleinen Deister und dem Nesselberg ein kleines Gebirge, das einen Gegenzug zum bekannten Höhenzug Deister setzt. Witzigerweise liegt der höchste „Gipfel“ im Süden Hannovers auch nicht im Deister, sondern es ist der Fast im Osterwald mit seinen 420 Metern, der Deister hingegen hat nur eine maximale Höhe von 405 Metern. Der Osterwald sowie der Deister sind Teile des Calenberger Berglandes und gehören zum Calenberger Land.
2 Antworten
schöner artikel und weckt uralte erinnerungen. vor sechzig jahren war ich dort als teil einer kinderwandergruppe unterwegs. wir machten pause in einem lokal – ob das die von dir beschriebene sennhütte war, weiß ich allerdings nicht. ich erinnere mich nur, dass der akkordeon spielende wirt mit seiner tochter ein paar lieder sang – und die beiden jodelten sogar. als wären wir in den alpen gewesen…
ein bisschen beneide ich dich um den schönen schnee. wir hier haben keinen und bis ins erzgebirge ist es aktuell zu weit – außerhalb des 15 kam radius. und wir nehmen das sehr ernst…
Lieber Peter,
oh, dankeschön, das ist ja nett, dass ich Erinnerungen wachrufen konnte. Ein wenig schade allerdings, dass ich den jodelnden Wirt nicht kennengelernt habe. Das fänd ich toll. Ich schicke dir ganz liebe Grüße und hoffe, dass der Schnee bald zu Euch kommt.