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Hannöversches Wörterbuch: Ausdrücke, die es nur hier gibt

Hannoversches Wörterbuch, Hannover Dialekt
Inhaltsverzeichnis

Dass die Hannoveraner das reinste Hochdeutsch sprechen, habe ich schon immer für ein Gerücht gehalten. Aber wusstet Ihr, dass es auf Hannöversch auch ganz eigene Ausdrücke gibt? Oder kennt wer krökeln, mölmen oder fiegelinsch?

1. Hannöversch als Dialekt

Ich komme aus dem Norden, wo man als Krabben pult, Trekker fährt, über krüsche Kinder meckert und gern auch mal wen betüddelt. Wörter, die vielen im Rest der Nation möglicherweise fremd sind. Hier in und um Hannover sollen die Menschen ja das reinste Hochdeutsch sprechen. So ein Quatsch. Ich schüttele noch immer über Wörter wie Döllmer oder Bollchen den Kopf und habe mal eine Liste zusammengestellt. Hannöversch für Anfänger sozusagen oder ein Wörterbuch Hannöversch, denn der hiesige Slang will gelernt sein.

„Komm, wir gehn krökeln!“

Ich gebe es zu – ich habe zunächst gedacht, krökeln sei etwas Unanständiges. Ist es nicht. Krökeln ist hier ein weit verbreiteter Begriff für Tischfußball spielen. Wenn man sich einmal dran gewöhnt hat, will man sowas Langes nicht mehr sagen. Krökeln finde ich richtig gut.

Hannover-Linden, Lindener Markt, Fassaden, Egestorfer Straße2. Hannöversch sprechen leicht gemacht

„Krieg ich nen Bollo?“

Bollo klingt schon so dick und rund. Es ist die hannöversche Variante des nordischen „Bonsche“, der wohl am verständlichsten mit Bonbon übersetzt werden kann. Und da Süßes und Alkohol gern verniedlicht werden, heißt spricht man hier eben von Bollchen.Schloss Herrenhausen

„Wonach jibbert der’n?“

Is der Bollo aufgelutscht, jibbert man schon nach dem nächsten. Der Begriff jibbern erinnert mich immer an einen sabbernden Hund und tatsächlich bedeutet er günstigstenfalls nach etwas streben. Ich würde es ja mit gierig sein übersetzen.

„Willste dich anbucken?“

Anbucken ist hier der Ausdruck für kuscheln, schmusen. Wenn sich also jemand anbuckt, dann sucht er Nähe. Ich finde es irgendwie passend.

Hannover, Tipps, Niedersachsen
Damals noch ohne Gerüst – unser schönes Rathaus

3. Eigenheiten der Sprache

„Das is mir zu fiegelintsch!“

Einer meiner Lieblingsbegriffe hier – fiegelinsch. Keine Ahnung, wie man das schreibt, das ist mir eben zu fiegelinsch – zu kompliziert, zu schwierig, zu aufwendig. Man kann damit auch herrlich vor sich hinschimpfen: „Man, ist das fiegelinsch!“

„Mach kaane Dööntjes“

Wem es noch nicht aufgefallen ist: Der Hannoveraner kann das -ei nicht aussprechen, ohne dass es sich zum langen aa wandelt. Doch das Wort, um das es hier eigentlich geht, hat kein ei: Dööntjes sagt man hier zu Späßchen, Schabernack.

Hannover, Tipps, Niedersachsen
Ob ersich wohl dreht? Der Wunschring in Hannover

„Man, der mölmt aber!“

Wenn etwas so richtig staubt, dampft und dann noch Dreckpartikel dabei durch die Gegend spritzen, dann ist das „Mölm“. Das hat der Hannoveraner erfunden für dicke Luft, etwa, wenn sie aus dem Auspuff eines alten Autos kommt, schwarz, dick und stinkend – Mölm eben.

Herrenhäuser Gärten, Hannover, Tipp„Was für’n Döllmer“

Nein, eine Nettigkeit ist es nicht, wenn man auf Hannöversch als Döllmer bezeichnet wird: Ein Döllmer ist ein Tollpatsch, ein verträumter Kerl, möglicherweise auch ein Idiot, aber irgendwie auch niedlich, also ein Fiesling ist er nicht. Mehr so die Kategorie niedlicher Trottel.

„Mensch ist das gökelig“

Wenn man für etwas eine gute Motorik braucht oder ganz viel Feinarbeit verlangt ist, dann ist das „gökelig“. Man kann auch rumgökeln, also sich mit vielen Kleinigkeiten aufhalten.

„Bölken“

Auch ein Wort, das ich lieb gewonnen habe, denn es sieht auf den ersten Blick aus, als hätte jemand Blöken falsch geschrieben. Aber es geht nicht um die Geräusche der Ziege, sondern um das Bölken. So bezeichnet der Hannoveraner das Schreien. Vor allem das eigene, etwa wenn man sagt: „Ich habe jetzt keine Lust, wieder rumzubölken.“ Allerdings als Unterlassungsaufforderung habe ich es noch nicht gehört: „Bölk doch nicht so“. So komme ich zu dem Schluss, dass Bölken wohl das eigene Schreien beschreibt.

„Kokolores“

Das ist wohl kein typisch Hannöversches Wort, aber wird hier viel verwendelt. Ich mag es, weil es so schön lautmalerisch ist.

Hannover, Hauptbahnhof, Ernst-August-Platz
Hier trifft man sich „unterm Schwanz“.

Und dann gibt es ja noch die Sprichwörter. Wer glaubt, Süddeutschland ist ein klar definiertes Gebiet, täuscht sich gewaltig. Für den Hannoveraner fängt es schon hinter dem Harz an. Und den wohl merkwürdigsten Spruch will ich euch auch nicht vorenthalten: Hier triftt man sich „unterm Schwanz“. Damit ist die Reiterstatue von Ernst August am Bahnhof gemeint. An der Stelle lohnt sich übrigens mal der Blick auf die Inschrift: „Dem Landesvater sein treues Volk“ – bei der Grammatik graust es mir auch jedes Mal. Doch das ist eine andere Geschichte.

Das raanste Deutsch sprechen sie hier? Ich muss immer schmunzeln, dazu lieben sie viel zu sehr den A-Laut und bauen ihn dort ein, wo sie können. So wird aus „Rainer geht in seinen Garten“ gerne mal ein „Raana geht in saanen Gaachten“. Aber die Aussprache ist ja noch mal ein anderes Kapitel. Bevor das hier zu fiegelinsch wird, geh ich lieber ne Runde krökeln.

In lockerer Folge werde ich Euch immer wieder Hannover-Tipps aufschreiben. Hier findet Ihr schon meinen Spaziergang durch die winterlichen Herrenhäuser Gärten und hier meine Lieblingsboulderhalle. Und wer sich einmal die Werkstatt einer Geigenbauerin ansehen will, surft hierher. Hier findet Ihr meinen Lieblingswochenmarkt in Linden. Und hier meinen Besuch bei der Indigo-Färberin. Und hier meinen Besuch in der Deisterstraße.

Habt Ihr noch Begriffe, die ich vergessen habe? Dann schreibt mir gerne in den Kommentaren!

Hannöversch, Dialekt
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79 Antworten

  1. Jetzt verstehe ich meine eigene Sprache ja noch besser. Eine tolle Idee das Wörterbuch. Ich bin gespannt was noch so kommt, an mir unbekannten Wörtern.

  2. das erinnert mich an tucholsky der in hannover in einen fischladen geht und fragt:
    haben sie aale?
    antwort: naan, ich hab getz zaat
    Frage: also ich will wissen ob sie aale haben
    antwort: na ich sach ihnen doch, ich hab getz zaat
    frage: verstehen sie nicht, ich meine aale, fische.
    antwort. ach so, sie meinen ööle, warum sachense das nicht gleich

    im übrigen ist hochdeutsch auf eine norddeutsche stadt bezogen sprachhistorisch ohnehin nicht plausibel denn hochdeutsch ist ein abkömmling oberdeutscher kanzleisprachen. in der hannoverschen akzentuierungi sind aber immer noch altsächsische überbleibsel enthalten. altsächsisch ist aber niederdeutsch und hat mit dem heutigen sächsisch, das eine oberdeutsche sprache ist nichts ztu tun.

    die heutigen spezialwörter der hannoverschen umgangssprache sind übrigens typisch für metropolregionen und daher metro- und keine dialekte. sie sind ständigem wandel unterworfen und zeigen, wie lebendig sprache auch heute noch ist…

  3. Lieber Peter, na, das ist mal ein fundierter Kommentar. Ja, mit dem Wort Dialekt tat ich mich auch schwer, aber ich wusste tatsächlich kein anderes. Der Tucholsky ist erheiternd. Das mit den Metropolregionen finde ich sehr interessant. Danke für den Denkanstoß! Und liebe Grüße

  4. Jibbern, figelintsch und Dööntjes kennt ich auch aus Hamburg. Aber vielleicht haben das einfach Leute aus dem Süden in die Stadt gebracht (für uns beginnt der Süden ja an der Elbe). Abgesehen davon und allem Fachwissen: Für mich KLINGEN die Hannoveraner aber wirklich nach dem reinsten Hochdeutsch – da kann höchstens noch Braunschweig mithalten. Schöner Beitrag. Danke. Liebe Grüße, Stefanie

  5. Danke, liebe Stefanie! Das freut mich. Ich kannte diese Ausdrücke nicht aus Hamburg und bin ja dort aufgewachsen. Aber wer weiß, die Wege der Sprache sind ja lang.
    Liebe Grüße

  6. „Dem Landesvater sein treues Volk“ – eine grammatikalische Höchstleistung aus vergangenen Tagen: „dem“ steht „für den“, und das gibt dann doch Sinn, allerdings sollte dann vielleicht ein Komma oder Bindestrich folgen, um nicht zu vermuten, das hier „des Landesvaters Volk“ gemeint ist.

  7. Lieber Jörg, ja, das stimmt natürlich. Damals hat man einfach anders formuliert. Als Höchsleistung hätte ich es jetzt nicht sehen können, aber danke für den Augenöffner. Dennoch ist es unter heutigen Gesichtspunkten eher lustig. Viele Grüße

  8. Stokel/stokelich ist ungeschickt, also so ist immer meine Interpretation gewesen. So ein Stokel… stokelt da rum@ 🙂

  9. Ich kenne die Tätigkeit des „Stokelns“ als einen Begriff, den meine Oma verwendet hat. Gemeint war dann aber eher so was wie „Herumstochern“. So wurde bei Kohleöfen „in der Asche gestokelt“, um beispielsweise Dinge zu finden, die sich darin verborgen hielten.
    So könnte man es auch als „im Trüben fischen“ übersetzen, also als eine Tätigkeit, die zwar ein Ziel kennt, aber nicht gerade strategisch ausgereift ist.

    Ich nehme auch an, dass mit „Stockel“ eine Art Stock oder Haken aus Metall gemeint ist.

  10. Hey Andrea,
    sehr witzig und interessant.
    Wenn ich durch die Republik fahre, fühle ich mich darin bestätigt, dass wir das sauberste Hochdeutsch sprechen. Aber diverse Mundarten haben auch ihren Charme. Lustig, ich habe mir die umgangssprachlichen Begriffe mal angeschaut. Ich bin gebürtige Hannoveranerin und habe doch gleich meine Männer-WG nach den Worten befragt. Wir alle kennen gökelig, Dööntjes und Fiegelintsch nicht. Never heard before.

  11. Liebe Tamara, schön, dich hier zu lesen. Männer-WG klingt spannend. Ich glaube ja, dass gökelig und Co. „Alt-Hannöversch“ sind, ich habe es hier schon oft gehört. Hast du denn noch andere Worte, die ich vergessen habe? Viele Grüße
    Andrea
    PS: Du hast übrigens den 800. Kommentar auf meinem Blog geschrieben. Da freu ich mich grad sehr

  12. hach, wie erfrischend.

    Menschen in Hannover Allgemein im Norden sind Weltmeister der kurzen Aussagen, da wird im allgemeinen nur das Notwendige gesagt. so erklärt sich auch die Innenschrift am Denkmal.
    Obwohl wir stundenlang klönen & schnaggen können, plaudern wir in den Informationen nur das wichtigste.

    Aber ich suche die richtige Schreibweise von dem Begriff „machmal zojche? sojche? suidje? “
    für die Mundart hier, für „mach mal langsam“. kenne den nur vom hören sagen, habe den nie geschrieben gesehen, aber ich mag den Klang des Wortes.

  13. Liebe MIra, oh, wie schön, dich hier zu lesen. Ich würde einfach mal sagen, dass es sutje ist – langsam meinst du, oder? Das ist typisch nordisch. Das mit den kurzen Aussagen war mir gar nicht so bewusst, aber du hast völlig Recht, die verkürzen hier alles drastisch. Danke fürs Vorbeischauen und viele Grüße
    Andrea

  14. Ja, so kenne ich das auch. Und wenn ich was gesucht habe, wurde oft gesacht: „Wie lange willste denn da noch inne Ecke rumstokeln“..

  15. Mir fällt noch was ein, was ich woanders nie gehört habe: Ein Fenster einkracken. das bedeutet, den Fensterhaken nur locker über den Riegel legen, so das das Fenster noch ein wenig offen steht. Mein Oppa hat das immer gesagt.

  16. Wenn man sich anklaatert,dann zieht man sich an .?man zieht seine Klotten an.Seine Kleidung

  17. Ich bin gebürtige Hannoveranerin, lebe aber seit ca. 30 Jahren in Franken – eine ganz andere Sprache und für Neulinge schwer zu verstehen. Allerdings haben die Franken mit mir auch so ihre Probleme. Bei der Suche nach meinen Puschen konnte mir hier keiner helfen und einen Zuch durch die Gemaande wollte auch keiner mitmachen. Nach meiner Bitte etwas aus der Kammer zu holen, war derjenige das letzte Mal in der Nähe des Abstellraumes gesehen und niemand wollte mit mir in die Butze, gescheige denn eine bauen. Ich freue mich immer, wenn ich wieder nach Hannover komme, wo man mich versteht.

  18. Ach genau, Butze hab ich vergessen. Aber etwas aus der Kammer holen, versteh ich auch nicht. Hm, bin ja auch nur eingewandert…
    Liebe Grüße und danke für den Kommentar

  19. Leider gibt es hier ein Riesenmissverständnis. Hannöversch ist nicht gleichzusetzen mit Hochdeutsch. Das Hochdeutsch, das in Hannover gesprochen wird, ist wohl das reinste. Als gebürtiger Hannoveranerin wurde mir unter Gelächter mal gesagt, ich spräche wie eine Nachrichtensprecherin.
    Hannöversch ist ganz anders und wird tatsächlich wohl in Linden heute noch am häufigsten gesprochen. Aber nicht jeder Hannoveraner spricht Hannöversch. Wer Hannöversch spricht, s-tolpert auch über´n s-pitzen S-tein…

  20. Die Entstehungsgeschichte des allgemeinen Hochdeutschs, hilft um zu verstehen warum das in Hannover das reinste ist 🙂

  21. Das hat mir viel Spass gemacht beim lesen,vielen dank und ein schoenes wochenende wuenscht corinna aus hannover

  22. Das Fenater auf Krek stellen

    U und natürlich, mein absolutes Lieblingswort: stüppern!!

    Schon lustig, viele dieser Worte habe ich noch nie gehört und meine Familie lebt schon seit viieelen Generationen in Hannover. Vieles was du schreibst, hört sich für mich auch eher etwas wie platt an, und das spricht man ja nicht mehr in Hannover. Auch das man viel A benutzt, ist mir bisher nicht aufgefallen. Eher das wir kein richtiges i aussprechen, sondern das i mehr zu einem ü machen. Wie zB Kürche, statt Kirche oder Kürsche, statt Kirsche. Aber natürlich sehr coole Idee mit der Auflistung!

  23. Oh, es werden immer mehr Begriffe. Das ist schön, dass sich das hier so füllt, danke liebe Sarah. Auf jeden Fall ist das eine Vermischung von regionalen Einflüssen, da kommt etwas aus dem Norden, etwas aus dem Westen und aus dem Osten und vereint sich dann in Hannover. Und manches ist eben auch in anderen Dialekten zu finden. Liebe Grüße

  24. Hallöchen,
    wir hier in Hannover sagen „Lüttje/r“ komm!
    Die Bedeutung:“Lüttje/r“, gleich Kleine, Kleiner.
    Auch sagen wir ganz offt:“Keese“ und „Häring“!
    Dabei heiß es doch Käse und Hering:)

  25. You made my day! Danke für das tolle Lexikon! So konnte ich meinem Liebsten beweisen, dass „mölmen“ natürlich ein richtiges Wort ist, und es bei Nachbarns ordentlich gemölmt hat, als die Steine für die Auffahrt geschnitten wurden.
    Als gebürtige Hannoveranerin in Minden gucke ich in ratlose Gesichter, wenn ich hier nach „Stips/Stipps“ frage. Der Zuckerrübensirup heißt in Minden nämlich „Zapp“…als ob das passen würde! In Hannover ging man auch „auf´n Gachten“ wenn man in den Schrebergarten wollte. Dafür trinkt man das Bierchen mal „inner Puschenkneipe“. Ach, das klingt alles nach Zuhause:)

  26. Liebe Melissa, das freut mich aber sehr, vielen Dank für deinen Kommentar. Und diese Bereicherung des Vokabulars, ich bin ja nicht von hier, deswegen fehlen mir so einige Ausdrücke wie die von dir… Aber toll, danke!

  27. Ich habe noch das Wort „möckeln“. Das soll sowas wie jammern bedeuten, denke ich.
    Und die Aussprache vieler Worte ist überhaupt nicht hochdeutsch: Aus Tag und Zug werden Tach und Zuch, auf Pfingsten und Pferd werden Fingsten und Feerd, aus Bad und Gras werden Batt und Grass, aus Käse und Däne werden Keese und Deene. Ein „ä“ wird da generell nicht gesprochen, außer vielleicht bei „Häring“ (s. oben).

    Was ich nie verstanden habe: Wenn man schon Tach und Zuch sagt (Hannover: sacht), warum sagt man dann nicht im Plural „Tache“ und „Züche“. Das ist inkonsequent!

  28. Hallo Martin,
    Tach und Zuch sagen wir immer nur in Singular. Plural kommt für uns nicht in Frage, da sind wir „Stur“! 🙂
    P:S.: Eine Abwandlug git es zu Tach: Tachjen (freudliche Verniedligung)

  29. Sehr schön, dass man so etwas noch findet!
    Natürlich ist das meiste Plattdeutsch oder importiert und platt ausgesprochen!
    Eine Vigeline ist die Violine, wohl ein ziemlich vigeliensches Ding.
    Krö-, Krü- & Kru- haben oft etwas mit einem Kreis zu tun, ein Krüsel ist z.B. ein Kreisel, beim Krökeln dreht man die Stangen..
    Stokeln ist das Stochern und möckeln das Mäkeln.
    Bucken steht für bücken, neigen: anbucken – sich „anneigen“.

    Aber nun was anderes:
    Wenn ich schon olle Klotten anhabe, habe ich bestimmt auch olle Botten an den Füßen.
    Jibbereich (oder gibberig) bin ich, wenn einen richtigen Japp auf etwas habe.
    Wenn wir Fußball gespielt haben, sind wir boken gegangen, die Schuhe heißen ja auch Boker!
    Wenn ich mich heftig stoße, dann habe ich mir „schön einen verpult“.
    Wenn sich Jungs prügeln, nennt man das auch weifen.
    Und draußen ist es manchmal beistig kalt …

    So, genug! VG
    juen Haanrich (ach nee! Stefan)

  30. Also, Ihr Lieben, als gebürtige und aufgewachsene Lindnerin, deren Familie seit einigen Genrationen aus Hannover-Linden kommt, sei an dieser Stelle kurz die Kammer erklärt: Es ist die gute alte Schlafkammer, also Schlafzimmer. Nicht zu verwechseln mit der Speisekammer.

    Kinder, die in Linden aufwuchsen (aufwachsen) sind Lindner Butjer. Egal, ob Mädchen oder Junge. Verstanden wird/wurde darunter ein quirliges, kesses Kind, das sich nicht über aufgeschlagene Knie beschwert, das gesellig ist und manchmal ein bisschen vorlaut.

    Eine (heutzutage) spleenige überdrehte Frau oder Mädchen, war früher ein „Vogelbettchen“. Fragt mich nicht, woher das Vogelbettchen kommt, aber es war ein gängiger Begriff in meiner Kindheit.

    ‚Schlachsahne holen‘ wurde am Sonntag erledigt ( beim Bäcker).

    ‚Anne Bude‘ gehn bedeutete: Zu einem Kiosk zu gehen.
    und: ‚Inne Kürche‘ = In die Kirche

    Liebe Grüße, Bürgit (Birgitt)

  31. Guten Tach,
    köstlich was ihr alle, hier schon zusammen getragen habt & herzlichen Dank, auch von mir, für die Initiative solch ein historisches Gedankengut hiermit anzusammeln =)

    Mir fällt noch folgende Dinge ein:

    Pinöökel – Ein kleiner Nubsi (eine weitere Vokabel?!), kleiner Knopf, etwas abstehendes, ein kleines unbedeutende Detail, ein Füllwort für einen kleinen Gegenstand dessen Begriff dem Redner entfallen ist.

    Und des Weiteren:

    Von meiner Oma kenne ich noch das scherzhafte Sprichwort: „In Hannover an der Leine, haben die Mädchen kurze/krumme Beine“ – bzw genau verlautsprachlicht: „En Hannova an dea Leene, haben de Meedchen kurze/krumme Beene“

    Grüße an alle Interessierten =)

  32. Hallo, die Oma meines Ex kam aus Hannover und hatte zwei Begriffe, die keiner sud der Familie kannte und übersetzen konnte, nämlich „wippsch und kröögsch“… das wurde immer im Zusammenhang mit Frauen genannt, etwa „Was ist die wieder wippsch und kröögsch!“
    Weiß vielleicht jemand hier, was das bedeutet?

    Vielen Dank im Voraus!

  33. Hallo Anja,
    ich habe letztens zum ersten Mal das Wort Schwipp gehört und das heisst diese Frau ist „hip“. Vielleicht hat das den gleichen Ursprung?
    Gruss

  34. Meine aus Diepholz stammende Grossmutter sprach uns KIndern immer gerne vor: „aan S-tudent mit S-tulpens-tiefeln s-tolpert uebern s-pitzen S-taan, s-toesst mit deiner Schmalzenschtulle aane Fensterschaabe aan. Als Kind Berliner Eltern musste ich in Hannover lernen,dass es Schrons-tein heisst und nicht Schornschtein.

  35. Das Ae scheint oft in ee verwandelt zu werden. Mir faellt leider eben nur der Jeeger ein.

    Auf dem Lande (bei Peine) habe ich nur Schtur gehoert, muesste es nicht s-tur heissen?
    Ich vergass den schoenen Spruch des Vaters an seinen Sohn:“Dschunge s-prich en klaares aa“ „djschaeaoe Vaeoeter, dschcaeao
    und: in Hannofer anner Laane ham die Maedchen dicke Baaane

  36. Hat Spaß gemacht, sich hier durchzulesen. Jedoch hängen geblieben ist bei mir die Sache mit dem „bölken“. Ich kenne dies aus dem Zusammenhang, dass man jemanden, der sich laut aufregt auffordert: „Nun bölk hier mal nich so rum“.

    Wie sich das Wort „bölken“ nach Schleswig-Holstein verirrt hat weiß ich nicht, jedoch sollte man sich aus den guten alten Werner Filmen an den „Bölkstoff“ (Bier) erinnern. Dieser ist ja häufig der Grund für viel und lautes rumkrakelen.

  37. Mein Vater ist in Hannover aufgewachsen und musste sich dann auch noch neuen Worten nähern.
    Besonders sind mir in Erinnerung geblieben:
    Kompfjuta für Computer
    und
    Maajorka, dass iss da, wo die alle getzt hinfliegen, für Mallorca

  38. Bade Bane in aan Amer und kane Safe so´ne Schaße.

    Beide Beine in einem Eimer und keine Seife so`ne Scheiße

  39. Stockeln bedeutet das jemand unbeholfen, schwerfällig geht.
    Da sagt man “ der oder die Stokelt aber.“

  40. Mir fehlt hier noch „prummelich“ oder „verprummelt“ für zerknitterte Kleidung/Textilien bzw. einen unerwünschten Faltenwurf im stylischen Outfit.

  41. Wer kennt den vollständigen Text des Liedes, von dem ich nur vier Zeilen behalten habe:
    „..denn er war aan Sechsundneunzger,
    Haanrich Enkelke, maan aanzger,
    und so geht mich diese Nümmer
    in dem Koppe immer rümmer“

    (Sechsundneunzger“ bezieht sich darauf, dass Heinrich 1896 zum Militär eingezogen worden ist)

  42. Hallo Stefan, ich habe noch einen anderen Begriff gelernt:
    „Draußen ist es bannig Kalt“!

  43. Wir haben immer „Nachm Bette gehen“ gesagt. Und Nachti statt gute Nacht. Spannend fand ich, wie viele Begriffe für mich so normal sind, dass ich sie nie und nimmer einem hanöversch zugeordnet hätte. Aber ja, krökeln hat damals in den Ferien niemand verstanden, das war immer nur der Tischkicker…

  44. Hi 😀 Ich bin gebürtige Hannoveranerin und die Sache mit unter dem Schwanz treffen und Krökeln sind heutzutage die einzigen beiden Sachen, die heute noch zutreffen. Der Rest ist, das kann ich nach 2,5 Jahrzehnten leben und aufwachsen in meiner Geburtsstadt Hannover wohl gut beurteilen, eher Treffen bei Großeltern und älteren Fußballfans. Okay, das Rumblöken wurde mir als Kind auch noch vorgeworfen, aber den Rest haben weder ich noch mein Umfeld in den letzten 2,5 Jahrzehnten gehört. Geh doch lieber auf die direkte Art von uns ein oder auf den Meter Bier, die sind aktuell 😉

  45. Wie ist das eigentlich mit dem Püsterchen (keines Feuer)? Kommt das auch aus Hannover.
    Wenn, in meiner Kindheit, jemand zuhause Streichhölzer gezockt hatte, dann wurde heimlich ein Püsterchen gemacht. Ein kleines Feuer, dass man erstmal anpusten mußte, damit es in Gang kam.

  46. Genau. Es handelt sich dabei um eine Widmung, also: Dem Landesvater [gewidmet] – sein treues Volk. Das Ganze ist so verkürzt, eben ohne ‚gewidmet‘ und irgendein Satzzeichen, dass man den Satz auch als Beispiel für den ‚hannoverschen Genitiv‘ nimmt: Dem sein Haus, der ihre Blumen …

  47. Dazu passt ‚püstern‘. Bedeutet: Man macht ein kleines, vor allem qualmendes, Feuer, gern mit Gartenabfällen. Ist ja längst verboten. So ein Feuer wurde übrigens von einem ‚Püsterlörk‘ gemacht, laut meiner Oma gehörte mein Opa zu dieser Gattung. Wenn da wieder so’n Püsterlörk am Gange war, musste man die Wäsche von der Leine reißen, damit sie nicht verqualmt riecht. Meist ein vergeblicher Versuch. Und alle Fenster zumachen.

  48. Dazu passt ‚püstern‘. Bedeutet: Man macht ein kleines, vor allem qualmendes, Feuer, gern mit Gartenabfällen. Ist ja längst verboten. So ein Feuer wurde übrigens von einem ‚Püsterlörk‘ gemacht, laut meiner Oma gehörte mein Opa zu dieser Gattung. Wenn da wieder so’n ollen Püsterlörk am Gange war, musste man die Wäsche von der Leine reißen, damit sie nicht verqualmt riecht. Meist ein vergeblicher Versuch. Und alle Fenster zumachen.

  49. Noch ein Dialektbeispiel (am besten mal nachsprechen [lassen…]) :

    Omma Ödelgaad kaufte aufem Langenhögener Mökt draa raafe Bänänen und fuhr glaach danach mit de Strößenböhn übern Hauptböhnhöf zur Hildeshamer Ströße, wo sie den flaaßigen Oppa Hanrich Waademann tröf.

    Oma Edelgard kaufte auf dem Langenhagener Markt drei reife Bananen und fuhr gleich danach mit der Straßenbahn über den Hauptbahnhof zur Hildesheimer Straße, wo sie den fleißigen Opa Heinrich Weidemann traf.

  50. Klaus, der Hannoveraner
    Jo, ich muss mich erstmal anklaatern. wo sind maane Klotten. Kann maane Böxe (Hose) nich finnen,

  51. Der Hannoveraner (gesprochen wird das nicht nur mit einem langen „a“, sondern auch noch leicht in den Kehlkopf geschoben, quasi mit einem „o“ abgeschlossen) kommt aus „Hannover“ und nicht aus „Hannöver“, Hannöversch spricht keiner, wohl aber hannoversch 😉
    Eine Kleinigkeit, an dem der Hannoveraa(o)ner sofort den Zugezogenen erkennt. ;))

    Ich wohne nun seit 2006 in Karlsruhe und habe in meinem täglichen Sprachgebrauch immer noch viele hannoversche Wörter. Meist weiß ich gar nicht, dass sie aus meiner Kindheit stammen und wundere mich, dass ich nicht verstanden werde. Und immer wieder begegne ich Menschen, die mir sagen, dass man hören würde, dass ich auch Hannover käme. Und das nicht wegen des vermeintlichen reinen Hochdeutsches. Irgendwas ist in unserer Sprache, das offenbar einzigartig und zuordbar ist 😉

    Danke für ein paar schöne Erinnerungen!

    Axel

  52. Ich wollte eigentlich nachlesen, ob ich recht hab, dass Klotten Kleider sind, so kenn ich das aus meiner Kindheit und dachte, das wäre Bremer Schnack oder Platt. Hab es dann erst hier entdeckt und stelle fest, dass ich dieses Wort wohl von meiner Mutter gelernt habe.

    Zum besseren Verständnis: Ich bin in Bremen geboren als Kind einer Hannoveranerin und eines Ostpreußen, mit 9 Jahren nach Unterfranken und mit 24 nach München verzogen – nach einem Jahr in Kassel und zwei Jahren WG mit einer Berlinerin. Als Ergebnis tu ich mich sehr schwer damit, die vielen Dialektworte in meinem Kopf zu sortieren – peinlich, wenn man dann in Geschichten seinen Figuren evtl. den falschen Dialekt in den Mund legt, darum auch das Suchen nach den Klotten …

    Hier jedenfalls habe ich so einige Worte wiedergefunden, die ich von meiner Mutter her kenne. Was ich von ihr weiß – ich kann sie leider nicht mehr fragen – sie bezeichnete z.B. ein verwirrtes Wollknäuel als Tüddelkram und jemand, der sich schnell in einer neuen Situation zurechtfand, sich rasch einarbeitete und gut mitdachte, war pietsch. Bei beidem kann ich aber nicht sagen, ob sie das aus Hannover mitgebracht hatte oder erst in Bremen angeeignet.

    Dass es Zuch, Tach, Zeuch und Schlach heißt, kann ich bestätigen. Und noch eine Sache – in der Lehre, die NICHT in Hannover stattfand, bekam sie immer wieder Probleme mit dem Wort gleich. Ihr Chef rief, „komm mal gleich“ und sie nickte, machte fertig, was sie gerade hatte und kam dann, während der Chef ungeduldig mit dem Fuß wippte. Irgendwann begriffen die beiden dann, dass er unter gleich „sofort“ verstand und sie „bald“.

  53. Hier noch ein Beitrag von mir, Abitur 1955 an der Humboldt Schule, damals noch in der Beethovenstrasse in Linden.
    Wenn man damals nach einem kaputten Gegenstand gefragt wurde, z. B. Fahrrad, Fußball oder sonstwas, so antwortete man „- is in Merseburg!“ und jeder wusste, da ist nichts mehr zu machen.
    Danke für Ihre wunderbaren Beispiele hannöverscher Lyrik. Vielleicht finden Sie ja heraus, ob der Hinweis auf Merseburg auch heute noch üblich ist!?

  54. Das ist plattdeutsch, heißt „entspannt“ und kann geschrieben werden „sutsche“ oder auch „sotje“

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Hallo! Ich bin Andrea Lammert. Als Wegreisende, Bücherschreibende und Bloggerin bin ich stets auf Achse.

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