Wandern? Dafür muss man nicht in den Harz. Es gibt auch schöne Rundwege und Kraftplätze zum Wandern im Deister. Heute geht es zur Alten Taufe.
1. Deister: Wandern zur Alten Taufe
Proviant ins Gepäck, Thermoskanne mit Tee dazu und auf geht es – das Heimatgebirge Deister erkunden. Meine Winterwanderung führte grade zur Alten Taufe. Es ist ein abwechslungsreicher Weg, perfekt, wenn man ein paar Stunden unterwegs sein möchte.
2. Auf zum Nienstedter Pass
Die Strecke beginnt am Nienstedter Pass, etwas tiefer als der Wanderparkplatz zum Annaturm liegt. Dorthin fahren sogar Busse, etwa die Linie 562 ab Egestorf. Wir sind etwas unterhalb des großen Wanderparkplatzes gestartet und der Route gen Wallmann-Hütte gefolgt. Dort führt der breite Waldweg, der leider nicht so schön romantisch schmal und verschlungen ist, sondern eher ein Forstweg für Autos, direkt zur Hütte, die zugleich auch einen Abbiegepunkt der Route darstellt.
Nun geht es bergauf bis zu einer kleinen Hütte. Schon bald ändert sich der Wald, mein Gefühl beim Gehen wurde irgendwie anders. Erst später erfahre ich, dass dieses Stück Wald auch Teufelskammer genannt wird. Es ist der Wald rund um den Nordmannsturm, der so genannt wird und noch einen anderen Kraftplatz bereit hält. Tatsächlich stehen dort andere Bäume und die sehen auch gleich viel kraftvoller aus als die anderen. Zudem wimmelt es in diesem Gebiet von Gesteinsbrocken, die wie zufällig dort hingeworfen scheinen. Ich gehe automatisch ein wenig langsamer und spitze die Ohren und meine feinen Sinne für die Naturgeister.
Wir erreichen eine Schutzhütte, an der ein kleiner Pfad in den Wald biegt. Ist es der unebene Weg, das Gefälle oder vielleicht auch dieses besondere Stück Wald, das mich meine Schritte vorsichtiger werden lässt? Tatsächlich zögere ich. Mein Blick fällt auf einen Eibenhain, der wie eine schützende Umarmung den besonderen Stein umfasst, der unser Ziel ist: Die Alte Taufe.
3. Deisterwandern in der Teufelskammer
Doch erstmal zur Alten Taufe, die auch Wolfstaufe genannt wird. Es ist ein ziemlich großer Findling in Form eines Quaders, dessen Oberseite wie ein Taufbecken behauen wurde. So findet sich dort eine riesige Schüssel, die an dem Tag, als wir erreichten, wie ein großer Spiegel wirkte. Blank und die Bilder der Baumkronen wiedergebend. Um die Alte Taufe im Deister ranken sich verschiedene Sagen. Fest steht: Es ist ein kraftvoller Platz, aber nicht unbedingt einer, der einen gut und leicht fühlen lässt. Ich fühlte mich eher befangen und schwer, man könnte es auch positiv formulieren, dass ich mich dort erden konnte.
4. Sagen um die Alte Taufe
Die Sagen, die sich um diesen Platz ranken, haben bei manch Feinsinnigem schon Grauenhaftes fantasieren lassen. Tatsächlich soll sich nahe des Taufsteins einst eine Burg befunden haben, deren Besitzer namens Lutter ein blutrünstiger Verfolger der Christen war. Woimmer er einen auftreiben konnte, ließ er ihn fangen und der Christ musste dem Burgherren Lutter seinen Erstgeborenen Sohn überlassen. Lutter hatte nichts Besseres zu tun, als diesen Sohn zur Taufe zu führen und zu enthaupten, so soll das Becken der Alten Taufe stets voller Blut gewesen sein.
Erst als er seinen eigenen Enkel dort versehentlich opferte, soll Lutter geläutert worden und zum Christen bekehrt worden sein. Von dem Tage an soll aus dem Blutbecken ein christlicher Taufstein geworden sein. Eine weitere Variante der Sagen um den Stein ist die um den Adeligen Magnus aus dem Sünteltal, der sich nicht taufen lassen wollte und blind vor Hass alles boykottierte, was mit dem Christentum in Zusammenhang stand. So schleppte er auch eine Mutter samt ihres Kindes zum Opferstein im Deister und tötete sie dort brutal. Doch das, so sagt die Sage, setzte sogar dem Skrupellosen zu. Er ließ sich voller Reue als Christ taufen und hoffte so, von seinen Sünden befreit zu werden.
5. Schwarzer Kultort oder Kraftplatz?
Keine schönen Geschichten also. Fest steht aber wohl auch, dass in der Alten Taufe im Deister immer Wasser stehen soll, egal wie trocken und dürr die Sommer sind. Das ist dann doch ein hübsches Bild für die Augen, wenn sich der Wald so in der Steinschale spiegelt.
Meinem Gefühl nach hat sich bis heute dort auch dunkle, schwere Energie gehalten, sobald wir aus dem Kreis dieses Opfersteins hinaustreten, erscheint die Welt viel heller und freundlicher. Wir haben Räucherwerk im Gepäck und entzünden es, das ist immer eine gute Idee an mystischen Orten wie diesem. Ob die Alte Taufe im Deister ein Kraftplatz ist oder nicht, das muss jeder für sich entscheiden. Als wir dort waren (es war morgens, sehr kalt und regnerisch), kamen viele Menschen zu diesem Platz. Mountainbiker, um einen Tee zu trinken, eine alte Frau an Walkingsticks, die mit der Hand im Vorbeigehen das Wasser testete „Mal schauen, wie es heute ist“ und Hundemenschen, die einfach nur spazieren gegangen sind. Als wir gingen, warteten schon die nächsten darauf, ihr ganz eigenes Ritual dort machen zu können.
6. Deister: Rundweg zum Nordmannsturm
Von der Alten Taufe führt der Rundweg weiter zum Nordmannsturm. Dazu muss man sich über die herumliegenden Steine den Pfad zum Kammweg bahnen und dann einfach der Beschilderung folgen.
Der Nordmannsturm ist ein 19 Meter hoher Turm aus dem Jahr 1863, den einst Baumeister Constantin Nordmann aus den Sandsteinquadern errichtet hat. Heute befindet sich dort eine Ausflugsgaststätte mit hübschem Biergarten.
Hinter dem Nordmannsturm biegt der Weg ab gen Tal. Dieser Abstecher lohnt sich, denn dort befindet sich die Teufelskanzel, ein anderer Kraftplatz am Deister. Während rund um die Alte Taufe kein Waldwesen zu hören war, ist es um die Teufelskanzel sehr belebt. Obwohl es inzwischen angefangen hat zu schneien, flattern Vögel von Ast zu Ast und lassen ihr Gezwitscher ertönen. Es ist lebendig und licht an der Teufelskanzel. Der riesige Steinblock, den der Sage nach ein Riese vom Süntel an den Deisterhang geschleudert haben soll, lädt ein, darauf zu klettern und eine Auszeit zu nehmen. Doch Schnee und Nässe machen es dann zu ungemütlich und wir wandern wieder weiter ins Tal. Wir folgen dem Weg, der sich in einen wunderschönen Hohlweg verwandelt und biegen an dessen Ende rechts ab. Zack. Da sind wir zurück am Wanderparkplatz im Deister.
7. Länge und Dauer der Wanderung im Deister
Diese Wanderung ist gut 8 Kilometer lang, überwindet gut 200 Höhenmeter im Anstieg und später dasselbe Maß im Abstieg. Als reine Gehzeit sollte man mindestens 2 Stunden einplanen.
8. Das Wetter im Deister
Wer in den Deister will, sollte sich klarmachen, dass es ein Höhenzug bleibt, der mit anderen Wetterbedingungen aufwartet als die Orte im Tal. Während in Wennigsen beispielsweise der Niederschlag im Winter nur als Regen runterkommt, passiert es oft, dass in den Höhenlagen des Deisters schon Schnee liegt. Also am besten Kleidung anziehen, die den geringeren Temperaturen von Hannovers Hausberg gewachsen ist.
3 Antworten
Toller Artikel über den Deister. Ich wohne auch in der Nähe von Hannover und war dort schon öfter. Aber so viel gesehen, wie du, habe ich nicht. Danke für die vielen Anregungen für einen nächsten Ausflug.
LG Burkhard
Lieber Burckhard,
vielen Dank für deinen Besuch bei mir, das freut mich, wenn ich Anregungen geben kann. Ich hoffe, du kannst noch spannende Sachen entdecken. Und es wird bei mir jetzt mehr Heimatkunde geben – zwangsweise!
Liebe Grüße
Andrea
Danke schön für die Beschreibungen, sie regen zur erneuten Wanderung zur alten Taufe an😊