Ihlow in Ostfriesland ist ein besonderer Ort: Bekannt ist er als Kloster Ihlow, obwohl des dort längst kein Kloster mehr gibt. Dafür aber jede Menge Wald mit bemerkenswerten Installationen.
1. Ausflug zum Kloster Ihlow
Es ist Sonntag, auf den Straßen rund um Ihlow sammeln sich kleine Grüppchen rot-blau gekleideter Menschen zum Boßeln. Sie können hinter jeder Kurve auftauchen, deswegen heißt es: Schön langsam fahren. Macht aber nichts, denn die Landschaft ist ostfriesich-schön: Platt, durchzogen von Hecken und Wällen und ab und zu überquere ich einen Wassergraben. Heute ist nicht die Küste mein Ziel, sondern Ihlow, der kleine Ort mit dem bekannten Kloster.
Es war einst eines der bedeutsamsten Klöster Norddeutschlands. Die Schola Dei galt als eine der wichtigsten mittelalterlichen Abteien im Norden. Vom Jahre 1228 bis 1529 diente die Zisterzienserabteil als Keimzelle und Motor für wirtschaftliche, politische oder landwirtschaftliche Entwicklungen, bis sie mit der Reformation jäh ein Ende fand, zerstört und später vergessen wurde.
Parkplatz am Kloster Ihlow: Von der Hauptstraße, der Kirchdorfer Straße aus, einfach der Beschilderung folgen, südlich von Ihlowerfehn befindet sich direkt neben der Straße ein großer Parkplatz. Wer weiterfährt, macht nichts, etwas weiter westlich liegt ein weiterer Parkplatz, schräg gegenüber der Tankstelle.
2. Wiedererwecktes Kloster
Erst in den 1970er Jahren erwachte der Ort aus seinem Dornröschenschlaf. Damals fanden Archäologen bei Grabungen die Reste der alten Klosteranlage unter den Wurzeln der Gräser und Buchen. Ziel wat es, den Standort der Klosterkirche zu ermitteln, und genau das ist den Forschern auch gelungen. Leider konnten sie nicht genug ausgraben, um den Bau komplett zu rekonstruieren, dennoch sollte Ihlow auch nicht länger seinen Dornröschenschlaf als Klosterwald schlummern. So entschieden sich die Ostfriesen, dort ein besonderes Denkmal zu installieren. Das alte Kloster wurde als Torso aus Stahl nachgebaut und bietet heute einen Open-Air-Platz der spirituellen Einkehr.
Doch dorthin muss man erstmal wandern. An der Hauptstraße gibt es einen großen Parkplatz, dort schließt sich ein schöner Wanderweg zum Kloster an. Als ich dort war, war es, wie gesagt Sonntag und ich wunderte mich sehr, warum die zurückkehrenden Menschen alle Brottüten in der Hand hielten. Es scheint, als wäre halb Ostfriesland auf den Beinen, um mit Brottüten sonntags durch die Gegend zu spazieren.
3. Der Klosterwald
Bevor ich dem Geheimnis auf die Spur kam, stand mir ein Spaziergang durch den Klosterwald bevor. Dort fand ich nicht nur wunderschöne Buchenansammlungen, sondern auch ein Kunstwerk, das mich stark beeindruckt hat und lange nachwirkte: Die Künstlerin Monika Kühling hat dort ein buntes Land-Art-Werk zwischen die Bäume spannen lassen, das an die Friesische Freiheit erinnert.
Fahnen flattern im Wind, ganz bunt wie die vielen Aspekte des Lebens auf der Erde, ein Symbol für Vielfalt, das dort oben über dem Weg flattert. Im Wind, ganz frei. Auf den Bannern ist der Wortlaut der friesischen Freiheit aufgedruckt. Beeindruckende, weise Worte, die damals soetwas wie das Grundgesetz der Friesen gebildet haben. Sie zeugen von Verantwortung, Toleranz und Miteinander. Übrigens ist das Kunstwerk von beiden Seiten zu lesen. Ich fand es wunderschön.
Und es macht nachdenklich. Mich jedenfalls bringt es wieder einmal zum Grübeln über diese Welt. Das ist mir schon in Calatrava La Nueva so gegangen, als ich mit meiner spanischen Freundin an einer Burg stand und den Kampf der Mauren gegen die Christen zurückverfolgt habe. Und wir beide standen dort, sahen uns an und sagten im selben Moment: „Unfassbar, fast 1000 Jahre sind vergangen. Wir glauben, wir seien so weit entwickelt und im Prinzip hat sich nichts geändert. Noch immer kämpfen Menschen zweier Religionen und Kulturkreise erbittert gegeneinander.“ Ich bin weiter mit diesen Gedanken beschäftigt, als ich den stählernen Turm aus dem Wald aufragen sehe: Die Stätte des ehemaligen Kloster Ihlow ist erreicht.
4. Brotbäckerei von Kloster Ihlow
Während unter dem nachgebauten Stahlgerüst eine ganz eigene Stimmung zwischen Bedauern, dass das Alte nicht mehr zu sehen ist und Bewunderung für solche modernen Interpretationen in mir überwiegt, wird es rund um das ehemalige Kloster ganz weltlich. Dort locken nicht nur ein wundervolles Café zu einer Einkehr und ein Laden zum Souvenirkauf, die Luft ist erfüllt vom Brotduft. Hinter dem Café liegt die Bäckerei am Kloster Ihlow, die noch richtigen Krintstuut und wunderbar schweres Schwarzbrot fertigt. Und das zu unglaublichen Preisen von 2 Euro pro Brot. Jetzt verstehe ich auch die Menschen mit den Brottüten in der Hand, denn jeden 1. Sonntag des Monats finden im Kloster Ihlow Brotbacktage statt. Ein wichtiges Ereignis für die Ostfriesen.
Kloster Ihlow Café: Öffnungszeiten: Das Café am Kloster Ihlow serviert zu echtem Ostfriesentee hausgemachten Kuchen und Torte, Die Öffnungszeiten des Cafés sind Dienstag bis Samstag 14-17 und sonntags 11.30-18 Uhr.
Nur zum alten Kloster zu gehen und dann wieder zurück, das wäre etwas zu schade, denn der Wald zählt zu den schönsten Ostfrieslands und ist teilweise recht verwunschen. 50 Hektar Mischwald haben sich dort erhalten und erzählen die Geschichte eines angelegten Forstes mit alten Alleen, knorrigen Eichen und – ganz und gar unchristlich – sogar einem Hexentanzplatz. Der Ihlower Wald zählt immerhin zu den ältesten in Ostfriesland. Wer genau hinschaut, kann alte Wälle und Gräben erkennen. Dachse, Rehe, Fledermäuse bevölkern die Grünflächen ebenso wie der Waldkauz, den man manchmal rufen hört, ebenso wie die Hirsche, die im Spätherbst zur Brunft röhren.
Der Rundweg durch die Ihlower Forst führt vorbei an einer ganz besonderen Eiche. Die Königseiche, auch Oll Eek genannt. Immerhin mehr als 500 Jahre soll sie schon alt sein, ihr Stamm ist rund 4,5 Meter dick. Beeindruckend ist auch eine Formation kreisförmig gewachsener Bäume, sie wirken wie ein alter Hexentanzplatz und deswegen trägt die Lichtung auch diesen Namen. In die Borke geritzte Initialen und Herzen aber zeugen eher davon, dass es ein beliebter Treffpunkt für Liebespaare ist.
Veranstaltungen im Kloster Ihlow: Kloster Ihlow hat in normalen Zeiten ein umfangreiches Kulturprogramm aufgelegt, welches derzeit aufgrund Corona nicht zur Verfügung steht. Normalerweise locken dort Frauenwochen ebenso wie Konzerte, Filme oder Erlebnissonntage, die immer unter einem bestimmten Thema stehen. Mehr unter kloster-ihlow.de
7 Antworten
Also, dieses rekonstruierte, minimalistische Kloster finde ich genial! Und den Wald natürlich auch : ) Mag ich, liebe Grüße, Jutta
Hallo Andrea,
ich durfte im letzten Jahr während meines Urlaubes auch das Kloster Ihlow kennenlernen.
Der Ort hat mich berührt und ich beschloss schon damals, bei jedem meiner nächsten Ostfrieslandurlaube dem Kloster einen Ausflug zu widmen. Die Atmosphäre ist dort besonders und man kann sehr gut abschalten von dem Trubel, der um einen herum
herrscht.
Danke für den für Deinen Beitrag übers Kloster Ihlow
Viele Grüße
Monika
Liebe Jutta, ja dort ist eine ganz besondere Stimmung, der Wald aber ist noch viel schöner. Übrigens ist es von dir aus nicht so wiet wie von mir aus 😀 also nichts wie hin.
Liebe Grüße
Liebe Monika, Ich wollte immer nach Ihlow, seitdem ich davon gehört habe und ich wurde nicht enttäuscht. Ich war sogar so überwälltigt, dass die Kamera oft im Rucksack blieb und ich einfach nur genossen habe. Das war wunderbar. Liebe Grüße
WOW! Dein Beitrag ist klasse und die Bilder sind fantastisch. Den Wald muss ich mir unbedingt mal anschauen. Am meisten interessiert mich aber die kleine Bäckerei, um dort einen feinen ostfriesischen Tee zu trinken.
Oh, dankeschön, das freut mich aber sehr. Viele Grüße
Super, Andrea! Das ist ein toller Artikel zum Kloster Ihlow. Ein magischer Ort, so habe ich es auch empfunden. Für meinen Störtebeker-Roman (erschienen 2019) unternahm ich einige Reisen nach Ostfriesland und in Ihlow habe ich den historischen Part meines Buches angesiedelt. Die Klosteranlage ist sehr inspirierend.
Bei meinen Besuchen dort waren leider Café und Laden geschlossen.
Bei meinen Recherchen zur Insel Juist bin ich auf Deine Web-Seite gestoßen und habe spontan Deinen Newsletter abonniert. Ich bin sehr gespannt. Viele Grüße aus Seevetal,
Reingard Stein