Wer Mythen und Magie sucht, landet sehr schnell in Irland. Wo sonst als im Land der Kelten finden sich noch Heilige Plätze und alte Bräuche? Ich war letzte Woche dort und habe mir einige wichtige Kraftorte angeschaut, die ich in den nächsten Beiträgen vorstellen werde. Heute: Der Kraftplatz Hill of Tara. Dieser Name klingt schon so wie aus einer fernen Zeit: Cnoc na Teamhrach oder auch der Hill of Tara gehört zu den ganz besonderen Kraftplätzen in Irland. Hier musste der König eine Prüfung ablegen, bevor er sein Amt antreten konnte.
Dieses ist einer der Plätze, bei denen ich mir eine Drohne wünschte. Ich hätte ihn gern einmal von oben gesehen. Diese riesige liegende Acht, aus der sich Erdwälle und Hügel erheben. Doch hilft nichts, mit dem bloßen Auge ist es von hier unten aus nicht zu erfassen. Auch kein Berg in der Nähe, den man besteigen könnte, um herunter zu schauen – Tara war schließlich der Königshügel, was also soll hier höher sein?
Unvermittelt war er plötzlich aufgetaucht, als ich durch die menschenleere Landschaft fuhr. Spirituelle Orte haben immer eine ganz besondere Atmosphäre. Nicht nur die Regenbogenfahnen am Ortseingang und die bunten Bilder und die ganze Hippiestimmung zeugen davon, sondern auch die Umgebung. Jedenfalls, wenn man näher hinsieht und vielleicht auch Dinge sehen will. Manchmal wachsen Bäume anders oder Tiere verhalten sich besonders. Am Kraftplatz Hill of Tara brütet eine Krähenkolonie und begrüßt die Besucher mit dem vielstimmigen, heiseren Gesang.
Die Bäume gehören zu einem Kirchengelände, in dem mich Jimmy begrüßt. Als ich ihm in die Augen schaue, bin ich schlagartig irritiert, denn eines ist grünbraun und das andere hellblau. „Unsere Kirche wurde entweiht, um sie zu einem Besucherzentrum zu machen“, informiert er mich. Ich bin erstaunt, wie praktisch die Iren so sein können. Eigentlich läuft es ja überall sonst andersherum – die Kirche übernimmt heilige Stätten der Ureinwohner und setzt ihre Gotteshäuser dorthin, so ist es auch hier passiert und kein Geringerer als der Schutzheilige des Landes, St. Patrick begrüßt als weiße Statue die Besucher.
Jimmy bittet mich, in dem Gotteshaus Platz zu nehmen. Es gibt eine kleine Einführung über die Geschichte des Hill of Tara, zunächst einen Film und später fügt Jimmy eigene Dinge hinzu. „Hier hat sich dem Glauben der Kelten nach, einst der Sitz der Götter befunden. Tara war spiritueller Mittelpunkt der Erde. Er war schon vor 5000 Jahren besiedelt.“
Je mehr ich höre, umso mehr merke ich, dass man kaum etwas über diesen Hügel weiß, außer, dass hier wohl 142 Könige ihren Sitz gehabt haben sollen. Von den Holzbauten ist heute nichts mehr übriggeblieben, Überlieferungen zufolge aber soll der Bau, der hier im Mittelalter stand, riesig und prachtvoll gewesen sein. Mehr als 1000 Menschen sollen in der Tafelhalle Platz gefunden haben. Zauberer, Druiden aber auch Handwerker und Richter und Lehrer haben sich einst in der königlichen Runde zusammengefunden. Es wurde nicht nur gemeinsam gefeiert, sondern bis ins 12. Jahrhundert hinein wurde hier auch Urteile gefällt und natürlich über Zukunft des Landes beratschlagt.
Der Kraftplatz Hill of Tara, das sind heute zwei mit Gras bewachsene Hügel, die sich wie eine liegende Acht ineinander verschlingen und wie bei Kreisen vom Wasser von kleinen Wällen umgeben sind. Etwas außerhalb befindet sich ein weiterer Hügel, der Mound of the Hostages, in dem sich nicht nur eine Grabstätte befindet, sondern auch ein Stein mit den berühmten Felsritzereien der keltischen Ureinwohner. Er wurde wohl als Grabkammer benutzt und ist etwa 5000 Jahre alt. Übrigens der älteste und höchste Teil der Anlage. Es ist ein ganz besonderes Gefühl, sich auf die Kuppel zu stellen und den weiten Blick über die Landschaft zu genießen.
„Überall, wo man hier gräbt, findet man ganz alte Steine, und wenn man darunter gräbt, findet man noch ältere Steine“, sagt Jimmy. Doch man hat gar nicht so viel gegraben in Tara, die Untersuchungen erfolgen heute behutsamer mit sensiblen Geräten.
Weniger behutsam ging man vor 200 Jahren mit dem Kraftplatz Hill of Tara um. Einer der mythenumwobenen Dinge dort ist der Schicksalsstein . The Stone of Destiny. Die einen sagen, es ist die Säule, die einst auf dem Mound of the Hostages zu finden war. Vor gut 200 Jahren wurde er einfach verstellt, um die Helden zu ehren, die im Kampf von Tara 1798 ums Leben gekommen waren. Überlieferungen sagen, dass er einst am Eingang der Anlage stand und angefangen hat zu brüllen, wenn der rechtmäßige König von Tara ihn berührt hat. Der Stein soll bis heute, so lautet die Sage, die Kraft in sich tragen, anfangen zu schreien, wenn die Zukunft Irlands in Gefahr ist.
Bis ins 12. Jahrhundert, als bis die Christianisierung der Insel begann, war Tara wohl spirituelles Zentrum Irlands.
Beeindruckend finde ich die Geschichte, dass man einst 300 Löcher rund um die Anlage gegraben hat und dann wohl darin Bäume gepflanzt hat. Ob es Weißdorn gewesen ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Sicher ist nur, dass die Reste einer Weißdornhecke zu sehen sind, mit knorrigen Exemplaren alter Weißdornbäume, wie ich sie vorher noch nicht gesehen habe.
Weniger sensibel allerdings waren die Pläne der irischen Regierung, ganz nah an das Kulturerbe die Autobahn M3 entlang zu führen, die sie vor sieben Jahren verwirklicht haben, obwohl viele Menschen dagegen protestiert hatten, unter anderen Charlize Theron oder Mitglieder der Kelly-Family, die hier auch an den Sonnenwendfeiern teilnehmen. Von der Autobahn hört und sieht man heute nichts auf dem Hügel, aber sie ist nach wie vor umstritten, wie dieser Artikel im Independant unter anderem zeigt.
Nach all dem Input über Tara habe ich mir mein eigenes Kraftplätzchen gesucht, einen Weißdorn am Rande der Anlage. Dort wehten wieder die Wunschbänder in der Luft, die die Iren aufhängen. Der Blick in die Ferne macht den Kopf klar und die bringt die Gedanken zur Ruhe. Es ist ein wunderschöner Ort, um einfach aufzutanken. Und um hinterher in dem süßen Café am Rande der Heiligen Berge einen Tee mit der herrlichen Schokolade zu genießen. Nebenan war auch ein esoterischer Laden mit allerlei Schnickschnack für die modernen Hexen, Edelsteine, Aurasprays und Co. Das war mir zu kommerziell. Ich hab mir zwei Krähenfedern als Erinnerung mitgenommen.
Ihr wollt mehr über Irland lesen? Im Boyne-Valley findet Ihr auch das berühmte Hügelgrab Newgrange. Etwas weiter nördlich habe ich den wundersamen Ort Fore entdeckt. Und auch geheimnisvolle Brunnen wie etwa St. Ciran’s Well. Außerdem lohnt sich ein Stopp in Kilkenny. Tipps zum Autofahren in Irland ich wie ich das erste Mal im Linksverkehr gefahren bin, lest Ihr hier. Meine Bloggerkollegin Lena war auch am Hill of Tara und hat ihn ganz anders erlebt, wie das beschreibt sie hier.
Die Reise wurde unterstützt von Irland-Tourismus, dem irischen Tourismusbüro in Deutschland – danke dafür.
5 Antworten
Toller Bericht! Da hätte ich mir auch gerne eine Drohne gewünscht. Die Landschaft ist ja traumhaft! Es wird Zeit, dass ich endlich auch mal nach Irland komme. Steht schon seit etlichen Jahren ganz oben auf meiner Bucketlist.
Ganz liebe Grüße
Amara
Liebe Amara, ja, Irland ist wirklich zauberhaft. Und du wirst in den nächsten Posts ganz viel von mir davon lesen, sozusagen als virtuelle Reise. Sonnige Grüße
Danke für den schönen Beitrag, auch wenn er älter ist, habe ich ihn jetzt doch verschlungen! Ich lese seit kurzem hier mit und wollte Ihnen ein Kompliment machen, weil Sie stets respektvoll über andere Kulturen und andere Glaubensformen berichten. Den Link zur Lagerfeuergeschichte habe ich gerne gedrückt, war aber enttäuscht, dass sich dort über heidnische Menschen und Menschen mit keiner alltäglichen Wahrnehmung so lustig gemacht wird. Schade, wenn jemand sowas nötig hat, da lese ich lieber bei Ihnen weiter.
Alles Gute Ihnen und viele Grüsse
Ella63
Das Lob freut mich aber, vielen, vielen Dank. Tara ist ein zauberhafter Ort, wirklich. Liebe Grüße und danke für deinen Besuch
Andrea