Ein Pilgerweg der besonderen Art lockt im irischen Glencolumbkille: Das kleine Tal im Westen Donegals ist eine der besten, archäologischen Plätze des Landes und zeugt schon von frühen Ritualen und Pilgertraditionen.
#Das ist Glencolumbkille
Ganz im Nordwesten Irkands liegt ein Stück Land, das ein wenig von der Zivilisation vergessen scheint: Wie eine Nase sticht diese Landzunge aus der Karte heraus, zerklüftete Felsen wechseln sich mit stillen Tälern ab. Baumlose Weite und dünn besiedelte Landschaft zeigen sich am Wild-Atlanti-Way, einer Wegstrecke, die sich über mehr als 2500 Kilometer von Cork in Südirland nach Derry erstreckt.
Als wäre das nicht schon einsam genug, gibt es noch einen Ort, der alles übertrifft: In Glencolumbkille scheint das Ende der Welt zu sein. Möglicherweise hatten frühe Menschen ganz ähnliche Assoziationen, als sie das Gebiet entdeckten und besiedelten. Jedenfalls haben sie ganz eigene Zeugnisse hinterlassen, für die Glencolumbkille heute berühmt ist. Immerhin zählt der Ort zu den archäologisch bedeutsamsten des ganzen Landes.
Dort finden sich steinerne Stehlen mit Ritzmustern aus vorchristlicher Zeit. Sie sind ebenso Teil eines Pilgerweges wie Steinzeitgräber und eine Quelle. Benannt ist das Tal übrigens nach dem Nationalheiligen Irlands, St. Columba, mit St. Patrick und St. Brigid, gehört er zu den drei Nationalheiligen Irlands. Nach ihm ist auch das Dorf benannt, in dem gut 200 Menschen wohnen.
#Auf dem Pilgerweg
15 Stationen umfasst der Pilgerweg in Glencolumbkille. Wer es mit dem Pilgern ernst meint, ist dabei bestimmt 4 Stunden unterwegs. Im Folk-Village ist eine Broschüre erhältlich, die nicht nur die verschiedenen Routen erklärt, sondern auch genau darlegt, was man an den einzelnen Stationen macht und welche Gebete rezitiert werden sollten.
„Du musst aber nicht alle Stationen gehen, kannst auch abkürzen“, rät mir Margaret, die ich im Folk-Village, dem Freilichtmuseum des Ortes, getroffen habe. Sie verrät mir eine Strecke, die in zwei Stunden zu schaffen ist: an der KIrche starten und zur Quelle gehen. Denn natürlich gibt es hier, wie so oft in Irland, auch eine heilige Quelle.
Die St. Columba’s Church of Ireland ist ein perfekter Startpunkt. Sie liegt auf einem Hügel und wird nachts in wunderschön gelbes Licht getaucht. Etwas weiter entfernt findet sich eine der typischen Steinsäulen des Ortes, die den Pilgerweg markieren. Dort lerne ich, dass man durchaus auf fremde Grundstücke treten darf, um diese Stätten zu besuchen und über Zäune klettern muss, da sich die Säule auf einer Kuhwiese befindet.
#Heizen mit Torf
Von dort geht es weiter, entang der kleinen Lagune, die das Flüsschen bildet, das hier ins Meer fließt. Es ist November und in der Luft liegt ein Geruch, den ich nie vergessen werde und der mich ab jetzt wohl immer an Irland erinnert: Verbrannter Torf, denn wie eh und je stechen die Iren Brocken des Torf ihrer moorreichen Landschaft ab und verheizen sie. In einer Landschaft, in der es keine Bäume gibt, ist Torf das das einzige Heizmaterial, was sie sich leisten können.
Ich weiß, wie wichtig die Moore für das Klima sind, und wieviel Aufwand wir in Deutschland betreiben, sie wieder zu vernässen oder aus dem Torfabbau auszusteigen. Was aber soll man sagen, wenn das Torfverbrennen die einzige Möglichkeit für die Menschen bleibt, im Winter Wärme zu generieren? Denn der Landstrich hier oben ist sehr strukturschwach und einfach arm.
#Zur Quelle von Glencolumbkille
Während ich über das Moor und den Torf nachdenke, führt der Pilgerweg in Glencolumbkille bergan, vorbei an Schafen mit extrem geschwungenen Hörnern. Auf einer Anhöhe liegt ein Bauernhof. Ich schaue auf meine Karte: Hier irgendwo müsste nun eigentlich eine wichtige Station des Weges sein: Alte Steingräber, eine KIrche und eine Hausruine sind eingezeichnet. Doch mein Weg gabelt sich: Er führt bergan zur Quelle oder nach links, direkt auf das Gatter der Schafweide zu, hinter der sich ein zweiter mit Gatter gesicherter Bereich befindet. Dann geht es wohl bergan.
Obwohl ein breiter Weg geradeaus auf den Berg Glen Head führt, auf dem sich ein Wachturm aus napoleonischer Zeit befindet, biege ich rechts auf die Wiese ab, denn dorthin zeigte das Schild „Well“, also Quelle. Der Wind hier oben ist inzwischen so stark, dass er mich zweimal wirklich umweht. Doch die Mühe lohnt sich.
Zunächst komme ich vorbei an einem Felsen, der die Form eines Sessels hat: Dort soll sich der Heilige Columba einst ausgeruht haben. Heute heißt es, wenn man sich dort hinsetzt und etwas wünscht, geht es in Erfüllung. Also los, auf den Wunschstuhl.
Nur wenige Meter weiter plätschert es schon und die Quelle schickt ihre Vorboten. Was ich allerdings dann sehe, macht mir eine Gänsehaut: Es riesiger Wall türmt sich dort oben auf, gesetzt aus Steinen, die die Pilger mitgebracht haben.
Denn, so habe ich beim Besuch des Folk-Village erfahren, es ist Brauch beim Pilgern drei Steine mitzunehmen und sie auf den Wall der Quelle zu legen, oftmals verbunden mit Gebeten und Wünschen. So stehe ich also vor einem Wall aus sichtbar gewordenen Gebeten. Das beeindruckt mich. Statuten von Heiligen stehen am Eingang der Quelle, über dem Wasserbecken ist ein Altar aufgebaut, der Münzen und Marienfiguren zeigt, die dort geopfert worden sind. Ein sehr kraftvoller Ort.
Ich wäre gern noch den Berg hochgegangen, doch der Wind weht zu nun so stark, dass er mir dort oben ständig ein Bein stellt. Also lieber bergab. Und beim Gehen sehe ich, dass der andere Pilgerplatz, den ich gesucht habe, tatsächlich auf der Schafweide liegt.
Ich öffne ein Gatter nach dem anderen und befinde mich jetzt nicht nur vor einem Hügel mit einem altertümlichen Kreuz, sondern auch vor den Resten einer alten Kapelle, in der möglicherweise Reliquien des heiligen Columba aufbewahrt worden sind. Heute sind nur die Grundmauern zu sehen, der Rest ist eine Ruine. Vor den Mauern liegt ein bemerkenswerter Stein, der aussieht wie ein Bett. Möglicherweise eine antike Statue – man weiß nichts Genaues und lässt ihn einfach hier ruhen.
Von dort aus geht derselbe Weg wieder zurück ins Tal. Dort locken die Stehlen, von denen eine sogar ein Loch hat. Man sagt, wer dort durchbicke, sehe das Paradies.
#Wandertipps Glencolumbkille: Der Pilgerweg in Kürze:
- Länge: etwa 13 Kilometer, also 4 Stunden insgesamt, die Strecke von der Kirche bis zur Quelle etwa 1,5 Stunden.
- Der Weg ist nicht gut ausgeschildert und oftmals schwer zu finden, zur Quelle führt ein schmaler Trampelpfad, den man auch für ein Bachbett halten könnte.
- Manche der Stationen liegen auf Weiden und sind umzäunt. Bevor man die Gatter öffnet oder die Treppen besteigt, sollte man sich immer vergewissern, wo genau sich die Tiere befinden und ob sich der Aufwand lohnt.
- Am 9. Juni ist der traditionelle Tag der Wallfahrt zur Quelle, dann pilgern Menschen aus dem ganzen Land nach Glencolumbkille. Manche gehen den Weg auch barfuss.
#Informationen
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Glencolumbkille wird auf verschiedene Arten geschrieben: Mal Glencolmcille, mal so wie ich es geschrieben habe, mal Glaenn Cholm Cille, ich habe mich für den Namen entschieden, der in Google-Maps zu finden ist. Der Ort liegt etwa 280 Kilometer von Dublin Airport entfernt, mit dem Auto sind das gut dreieinhalb Stunden dorthin. Die kürzeste Strecke führt über Nordirland, was man bei manchen Mietwagenverträgen extra bezahlen muss. Am besten lässt es sich dorthin mit dem Auto kommen, die Anreise per Bus ist möglich, aber aufgrund der wenigen Verbindungen extrem langsam.
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Im Ort gibt es zwei Pubs, an manchen Tagen hat auch eine Imbissbude geöffnet.
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Wir haben in einem Ferienhaus gewohnt, es vermietet auch Zimmer für 35 € pro Tag mit Frühstück und W-Lan. www.ionadsiul.ie
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Weitere Artikel zu Irland
- Über Glencolumbkille habe ich schon hier geschrieben, mein Besuch im Freilichtmuseum Folk Village.
- Wusstest du, dass manche Pflanzen in Irland heilig sind? Darüber habe ich in diesem Beitrag geschrieben.
- Und hier habe ich den Hill of Tara besucht.
- Hier gibt es eine Geschichte zu den Megalithanlagen von Newgrange.
- Du magst Videos und möchtest gerne welche von der Region sehen? Dann schau mal bei der Facebookseite der Reiseblogger-WG nach, dort zeigt Max seine Bewegtbilder aus Donegal.
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8 Antworten
Also hoffentlich bist du auch auf den Felsen hingesessen und hast dir was schönes gewünscht ! Ich gönne es dir und es soll in Erfüllung gehen.
Ja der Schafbock hat bestimmt Probleme mit dem „sehen“, aber die Hörner sind ein guter Schutz wenn der je mal wo dagegen läuft. Der beste Airbag !!!! LG Manni
Mensch, ja, der Duft von Torffeuern. Das hatte ich ganz vergessen. Eine tolle Erinnerung für einen verregneten Sonntag (noch im Bett). Einen schönen 1. Advent wünsche ich Dir, Stefanie
Lieber Manni, aber natürlich habe ich das getan 🙂 sowas lasse ich doch nicht aus, ebensowenig wie Sternschnuppen 🙂 Hab du einen wunderbaren ersten Advent und liebe Grüße
Liebe Stefanie, ja, der Duft ist einmalig, oder? Ich wünsche dir einen wunderbaren 1. Advent und schicke ganz liebe Grüße
Ach verdammt – den Felsensessel habe ich verpasst. Aber mir dafür etwas gewünscht an der Mauer – natürlich mit drei Steinen im „Gepäck“…
Und ich liebe Torfgeruch :))
Lieber Hubert, das geht glaub ich auch durch. Danke übrigens fürs Vorbeischauen hier und alles so! Liebe Grüße
cool
Danke