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Magischer Ith

Ith Mystik, Sagen, Wandern zu Adam und Eva
Inhaltsverzeichnis

Zwischen Hannover, Hameln und dem Harz erhebt sich der Ith. Beim Wandern immer als Wegbegleiter dabei: Mythen und Sagen, die dort an fast jedem Felsen zu finden sind.

Warum gibt es so viele Sagen im Ith?

Vielleicht liegt es an dieser Form des Bergzuges, dass er so viele Mythen und Sagen zu bieten hat: Der Ith sieht aus wie ein Drache, der sich schlafend in die Landschaft gelegt hat. Ein freundlicher Drachenkopf, dessen Kopf tatsächlich auch als Kopf des Ith bezeichnet wird, tatsächlich neigt sich das Mittelgebirge steil wie eine Stirn in die davorliegende Ebene. Der längste Klippenzug Norddeutschlands eignet sich wunderbar zum Wandern und Wundern.

Mystischer Ith, Wandern in Bessingen zu den Klippen, Baumwurzeln säumen den Weg.
Baumwurzeln säumen den Weg.

Weltlich gesehen könnte man sagen, der Ith ist so sagenumwoben, weil er Regionen getrennt hat und für einige Menschen möglicherweise das unbekannte, andere Ende ihres Universums markierte, wie es Höhenzüge und Berge eben so tun, wenn sie gerade Wege dazu zwingen, Kurven zu schlingen, um Hindernissen auszuweichen.

Steile Klippen sind typisch Ith.
Steile Klippen sind typisch Ith.

Möglicherweise sind es aber auch einfach diese ungewöhnlichen Felsformationen, die am Ith zu finden sind. Regen und Frost haben den Kalkstein an vielen Stellen zu riesigen Skulpturen geformt, die dem Märchen zu entstammen scheinen. Nur gut, dass der Ith noch so unbekannt ist (außer bei den Kletterern und Segelfliegern vielleicht), so überrennen die Menschen die Externsteine, ohne zu merken, dass der Ith Ähnliches aufweisen kann. Zudem ist das Weserbergland das Land der Geschichtenerzähler.

Wie ein Drache erhebt sich der Ith aus der Landschaft.

Hier hat einst Münchhausen in Bodenwerder gelebt, der berühmte Lügenbaron, ebenso wie Aschenputtel in Polle. Die Burg Polle ist die Aschenputtelburg, auch wenn es für viele das Schloss Moritzburg ist, weil dort der Klassiker „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ gedreht wurde. Leider sind von Burg Polle nur noch die Ruinen geblieben. In der Sababurg fiel Dornröschen in den Schlaf und die Geschichte von Hänsel und Gretel verorten manche nach Höxter. Doch zurück zum Ith.

Die Felsen am Ith haben eine außergewöhnliche Form.
Manche Felsen sehen aus wie Frösche

Der berühmte Rattenfänger

Wer durch den Ith wandert, wird überall auf alte Geschichten Sagen und manchmal auch Fantastisches treffen. Genau das macht diesen Höhenzug aus, man hat sich schon seit jeher viele Geschichten über ihn erzählt. Viele davon sind grausam. Und viele erzählen von durchgeknallten Freaks, die man heute wohl eher in eine geschlossene Station stecken würde, als sie mit Musikinstrumenten frei herumlaufen zu lassen. Doch zu Zeiten des Rattenfängers von Hameln war das noch ganz anders und eben jeder Barde konnte mit seiner Flöte frei durch die Lande ziehen. Hätten die Hamelner ihn bloß richtig bezahlt damals, dann wäre ihnen die Katastrophe erspart geblieben. Da es damals noch keine Inkassounternehmen gab, die solche Sachen eleganter lösen, musste der Rattenfänger von Hameln sich selbst helfen….

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So soll der Rattenfänger aus Zorn über die fehlende Bezahlung die Kinder mit seiner Flöte aus der Stadt heraus gelockt haben. Soweit der bekannte Teil des berühmten Märchens. Der weniger bekannte ist. dass die Kinder in eine nahe Ith-Höhle gelotst worden sind. Diese Höhle ist bis heute zu sehen. Und sie ist bis heute eher ein Geheimtipp unter den Sehenswürdigkeiten im Ith als ein gut vermarkteter Touristennepp. Allerdings sind die Geschichten und Spekulationen um die Ith-Höhlen grausam. Und es wurden sogar angekohlte Menschenknochen dort gefunden, so dass nicht auszuschließen ist, dass dort auch Menschenopfer erbracht wurden. Fest steht: Kultisch genutzt wurden Höhlen und andere Plätze im Ith allemal. Nicht immer aber waren die Geschichten hell und freundlich.

Tyopisch für den Ith sind seine Höhlen
Tyopisch für den Ith sind seine Höhlen

Tatsächlich ist es deswegen auch eine Angstliebe, die ich zum Ith entwickelt habe, denn ich mag seine verwunschenen Felsformationen, seine dichten Wälder, seine Wiesen voller erstaunlicher Blumen und natürlich die Bärlauchblüte. Aber was mir wirklich nicht gefällt, sind die vielen Sagen, die oftmals sehr grausam sind.

Brunkensen, Lippoldshöhle,

Die Lippoldshöhle

Da wäre die wundervolle Lippoldshöhle in Brunkensen. Ich mag diesen Ort sehr, weil sich plötzlich aus dem Nichts eine schroffe Felsenmauer auftut mit wundervollen-magischen Steinformationen und einem Höhlensystem. Vor allem der Lügenstein hat es mir angetan, ich stelle mir immer vor, dass ich darunter stehe und wichtige Fragen beantworten muss. Wenn ich lüge, fällt in meiner Fantasie der Stein hinunter, der dort einfach nur so festgeklemmt scheint. Mit dem kleinen Bach davor wirkt dieser Platz wie ein außergewöhnlicher Kraftplatz. Der wäre es für mich auch, wenn ich dieses Schild über die Geschichte des Räubers nicht gelesen hätte, denn die ist ausgesprochen brutal.

Brunkensen, Lippoldshöhle,

Die grausame Geschichte um den Räuber Lippold

Der Räuber Lippold hatte sich einst in dieser Höhle einen Unterschlupf gesucht und startete von dort aus zu seinen Raubzügen. Da er die Hufeisen seiner Pferde falsch herum aufzog, konnte ihn niemand finden. Doch dem Räuber wurde langweilig und so entführte er die Tochter des Alfelder Bürgermeisters auf deren Hochzeitsfeier. Sie musste wie eine Sklavin in der Höhle leben, gebar sie ein Kind, hat es der Räuber vor der Höhle an einen Baum aufgehängt. Schon bald klapperten die Knochen der Kinder im Wind und der Räuber spottete: „Hör wie schön unsere Kinder singen.“ Eines Tages aber wurde er krank und schickte seine Frau nach Alfeld in Apotheke. Gezeichnet von ihrem Kummer, war die Frau so stark gealtert, dass selbst ihr Vater sie nicht mehr erkannte. Sie setzte sich an einen Stein, weinte bitterliche Tränen und erzählte dem Stein die grausame Geschichte. Daraufhin färbte sich der Stein blau. Er ist bis heute in Alfeld zu sehen. Der Räuber wurde gefangen und die Frau konnte endlich frei leben. Hier findet sich die längere Version dieser Sage.

Brunkensen, Lippoldshöhle, Lühgenstein
Der Lügenstein

Seitdem ich diese Geschichte gelesen habe, mag ich nicht mehr so unbefangen die Höhle betreten. Aber draußen auf den Felsen herumklettern ist ja auch schön.

Felsformation am Ith
Felsformation am Ith

Sagen im Naturwald Saubrink/Oderberg

Wer die mystischen Orte im Ith erkunden will, startet am besten in Coppenbrügge oder Bessingen. Top-Attraktion des Mittelgebirges ist die Felsformation Adam und Eva (ich frage mich grade, warum eigentlich die Frau nicht zuerst genannt wird, wie es doch heute höflich und üblich ist?). Sie ist unbestritten eines der Ith-Highlights, aber nicht das einzige.

Felsen Adam und Eva am Ith
Felsen Adam und Eva am Ith

Die Felsen Adam und Eva

Der große schlanke Felsen ist Adam und die dickere ist Eva, vermutlich, weil der Felsen an eine Schwangere erinnert. Beide stehen übrigens mit dem Rücken zueinander. Das steinerne biblische Paar, die zugleich auch die ersten beiden Bewohner der Erde waren, ist bis heute ein beliebtes Ziel für Verliebte, die sich dort einen Treueschwur geben. Viele Jahrhunderte lang war dieses Tradition bei den jungen Menschen in Bessingen, der Treueschwur bei Adam und Eva, bevor sie sich verlobten oder heirateten.

Vierstämmiger Baum beim Adam-und-Eva-Felsen am Ith
Vierstämmiger Baum beim Adam-und-Eva-Felsen

Natürlich gibt es auch um diese Felsen seine Sage. Sie ist unterscheidet sich ein wenig von der Bibelversion, denn zwar hat Gott wohl eine Frau und einen Mann aus Erde erschaffen, doch bevor er ihnen seinen Atem einhauchen konnte, kam der Teufel ihm zuvor und belebte sie mit seinem vergifteten Atem. Gott weinte bitterlich und Adam und Eva flüchteten auf den nächsten Berg. Laut der Version dieser Geschichte kann die Sintflut auch ganz neu interpretiert werden, denn Gottes Tränen sollen die Erde überflutet haben. Als die Flut abgeebbt war, traten die beiden Felsen am Ith zutage.

Bemooste Felsen am Ith
Bemooste Felsen – so schön

Die Teufelsküche

im Ith gelangt man schneller in Teufelsküche als man gucken kann. Denn auf der Anhöhe gibt es eine wohl eingestürzte Höhle, deren wild herum liegende Steine den Namen „Teufelsküche“ tragen. Die Redensart kennen wir wohl alle „Dann komm ich in Teufels Küche“ Doch was hat es eigentlich damit auf sich? Ganz einfach: Früher stellten sich die Menschen die Hölle als Küche des Teufels vor. Und wenn sie Missetaten begangen haben, glaubten sie, dass sie in eben dieser Teufelsküche landen würden.

Wandern im Ith, hier Teufelsküche
Teufelsküche im Ith

Übrigens ist die Teufelsküche im Ith wieder einmal typisch meine Region: Die ist ein derartiger Geheimtipp, dass sie noch nicht einmal bei Wikipedia als geographisches Objekt zu dem Begriff Teufelsküche auftaucht. Ja, es ist so: Zwischen Deister, Solling und Ith gibt es manche Geheimplätze, die das Internet noch nicht völlig abgegrast hat.

In Glockenblumen wohnen bestimmt Elfen, hier eine Akelei.
In Glockenblumen wohnen bestimmt Elfen, hier eine Akelei.

Elfen am Ith

Nach so viel Teuflischem und Brutalem gibt es aber auch Schönes rund um das Mittelgebirge und seine Sagenwelt. So sind die Menschen dort ein wenig irisch oder isländisch, denn beide Völker glauben ja fast selbstverständlich an Zwerge, Elfen und Feen. Auch im Ith war es Jahrhunderte lang selbstverständlich, dass es diese Wesen der Anderswelt gibt. Doch ein wenig Teufel muss sein, so scheint es, denn im ausgerechnet im Teufelsbruch von Bisperode sollen sie wohnen, die Elben vom Ith, aber auch im Wiedbruch von Bessingen kann man sie, sie die Sage, in Sommernächten tanzen sehen. Vielleicht waren es aber auch Glühwürmchen. Fest steht: Bis Karl der Große im 8. Jahrhundert einen Damm gebaut hat, umgab Moor die Ortschaften. Bis heute allerdings gibt es Menschen, die glauben fest, dass die Elfen am Ith noch immer da sind.

Satrk giftig und doch sehr hübsch: Gelber Eisenhut.  auf dem Ith-Kammweg
Stark giftig und doch sehr hübsch: Gelber Eisenhut.

Der Männekenstein und die Zwerge

Richtig schön finde ich die Geschichte um den Männekenstein. Sie spielt ebenfalls am Ithfelsen oberhalb von Bessingen und erinnert mich ein wenig an den Fischer und seine Frau und zugleich an die Heinzelmännchen. Ein armer Schuhmacher soll zum Holzholen in den Ith gegangen sein und in Selbstgesprächen über seine Armut geklagt haben. Das Leiden des Schusters, seine kranken Kinder und die hungernde Familie traf auf das Mitleid der Zwerge des Iths, die seinen Gesprächen lauschten.

Typisch Ith
Typisch Ith

Sie schmuggelten ihm Leder und Butterbrote in sein Bündel. Erst zuhause bemerkte der Schuster dieses Geschenk und machte sich schnell an die Arbeit, Schuhe für den Adeligen zu fertigen. Doch abermals halfen ihm die Zwerge und die Schuhe waren über Nacht schon fertig. Der erstaunte Schuster bedankte sich regelmäßig bei den Zwergen und brachte ihnen Geschenke in den Ith, denn er war zu Wohlstand gekommen. Doch die Schustersfrau war misstrauisch und wollte wissen, woher die Hilfe kam. Sie streute Erbsen auf den Boden der Werkstatt. Als die Zwerge darauf ausrutschten, wurden sie so zornig, dass sie alles zerstörten und der Schuster wieder in Armut leben musste.

Schilder am Ith
Schilder am Ith

Noch heute übrigens kann man diese Armut der Menschen nachempfinden, denn die Region am Ith ist aufgrund der Entfernung zu den nächsten Zentren doch etwas strukturschwach. Aber ob die Zwerge noch einmal einspringen und helfen, ist ungewiss.

Baum am Ith-Kammweg
Da wohnt doch wer!

Schwefelquelle am Ith

Ganz besonders erstaunlich finde ich aber, das wir eine Schwefelquelle am Ith haben. Soetwas habe ist bislang immer nur in die Karibik oder anderen Vulkangegenden gesehen, aber in Niedersachsen? Tatsächlich macht sie ihrem olfaktorisch allen Vorurteilen ganze Ehre, denn am Dorfplatz stinkt es wie an einer Jauchegrube. Etwas davon entfernt, direkt an der Straße Schwefelborn gelegen, befindet sich die Quelle, die dort eingefasst sprudelt. Sie diente viele Jahre der Wasserversorgung des Ortes und Mutige trinken heute noch einen Schluck, denn ihr Wasser soll heilkräftig und auf jeden Fall trinkbar sein, letzteres ist sogar untersucht. Sie sprudelt ohne Unterlass aus dem inzwischen eingefassten Brunnen und ist das Wahrzeichen des Ortes geworden.

Schwefelquelle in Bessingen
Schwefelquelle in Bessingen

Wer nicht genug bekommen kann, von den Sagen und Mythen rund um den Ith, dem sei die Podcastreihe ans Herz gelegt, in der die vielen Sagen gesprochen sind. Und hier gibt es viele Hintergründe zu den Sagen am Ith.

Auf dem Kammweg
Auf dem Kammweg

Wandern zu den Sagen am Ith

Es gibt einen schönen Wanderweg, der in Coppenbrügge oder Bessingen startet. Einfach immer den Schildern „Adam und Eva“ oder Teufelsküche folgen.

Ausblick bei den Feen
Ausblick bei den Feen

Ihr habt Lust, auf mehr Geschichten über Klippen? Hier wandere ich mit Euch den Götterpfad am Ith. Und hier geht es zum Ottofelsen in den Harz oder zu den Dörenther Klippen im Münsterland. Ganz in der Nähe liegt das Calenberger Land, das auch als Toskana des Nordens gilt.

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6 Antworten

  1. Die Teufelsküche ist vermutlich der Unglücksort der 130 vermissten Hamelner Kinder und Jugendlichen, die am 26.6.1284 dort hinauf zogen, um ein Johannisfeuer abzubrennen und in der uralten Höhle mit Musik (Spielmann) zu feiern. Durch einen Erdrutsch, evtl infolge eines Unwetters, brach die Höhle komplett ein und sie wurden verschüttet. Der Name Teufelsküche deutet auf eine alte Kultstätte (aus christlicher Sicht …)

  2. P.S.: Die Geschichte mit der Rattenvernichtung ist eine Wandersage und wird erst ab etwa 1500 mit dem Auszug und Verschwinden der Kinder in Verbindung gebracht. Ratten hören weder auf Flötentöne noch ertrinken sie im Fluss, sie sind gute Schwimmer!

Wer schreibt hier?

Hallo! Ich bin Andrea Lammert. Als Wegreisende, Bücherschreibende und Bloggerin bin ich stets auf Achse.

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