Nach Dänemark führen viele Wege, die meisten wohl über Flensburg und die Autobahn. Warum eigentlich? Es ist viel schöner, die Landesgrenze mit der Fähre zu überqueren. Etwa von mit der Fähre Puttgarden-Rødby.
Es schneit als würde jemand eine Flöckchendecke über mir ausschütteln. Himmelskonfetti, wohin ich schaue. Die gesamte Ostseeküste ist weiß, der Verkehr langsam und das Durchkommen mühseelig – kurz: Kein ideales Reisewetter, um nach Dänemark aufzubrechen. Es ist Ende Februar, als ich mich nach Langeland aufmache, mein erstes Mal Dänemark per Fähre und Auto. Ich fahre seit meiner Kindheit in dieses Land (also gut 40 Jahre), aber immer auf dem Landweg. Immer dieselbe Strecke: Flensburg-Apenrade und dann irgendwo abbiegen. Mal nach Skagen, mal nach Ebeltoft und ganz oft an den Limfjord. Doch nie an die dänische Südsee, denn das ist das Land der Seefahrer. Zwischen Fünen und Lolland beherrschen Inseln das Leben der Menschen. Inseln, Brücken und – Fähren. „Fähre fahren, das ist so dänisch wie Smørrebrød und Rød pølse“, meint auch Jane Pedersen. Sie besitzt das Hotel Skudehavn auf auf Langeland und ist das Fährefahren gewohnt wie wir das Bus- und Bahnfahren.
Mit Scandlines von Puttgarden nach Rødby – bloß keinen Stress
Schon bevor ich an diesem Schneetag meinen Weg nach Fehmarn angepeilt habe, ist es mir wieder eingefallen. Der wichtigste Grund, warum ich bislang nicht auf die Fähre umgestiegen bin: Der Stress. Denn ich bin auf die Fähre um 12.15 Uhr eingebucht. Wann muss ich losfahren? Und was ist, wenn ich es nicht schaffe? Prompt bewahrheiten sich an diesem Tag diese Befürchtungen, denn vor mir auf der Autobahn ist ein LKW aufgrund des Schnees umgekippt und ich stehe mehr als eine Stunde im Stau. Ich bin gestresst, telefoniere, ob ich eine andere Fähre nehmen muss – und erfahre: Das Ticket gilt für den ganzen Tag. Wie toll. Und so typisch dänisch, pragmatisch und einfach anstatt an Regeln festzuhalten.
In Puttgarden stehe ich um 12 Uhr und erreiche mein Schiff trotz des Staus pünktlich. Eine Viertelstunde vorher muss ich am Parkplatz sein – es passt auf die Minute. Und ja, ich bin etwas aufgeregt, gleich mit dem Auto an Deck zu fahren, das bleibt für mich etwas Besonderes.
Altes an Land lassen
Nur wenige Autos fahren montags morgens im Winter nach Dänemark und die Spuren neben meinem Auto bleiben leer. Im Sommer muss es hier ganz schön voll sein, immerhin passen 364 Autos auf die F/S Prins Richard. Die routinierten Fährfahrer auf der Vogelfluglinie Fehmarn-Lolland machen es sich in den Lounges bequem oder gehen Pommes oder Hot Dogs essen, mich zieht es nach draußen. Ich will Meer sehen und den Salzwind spüren. Es ist eisig kalt vor den Reling, doch das macht nichts. Die Möwen tanzen über mir im Wind und das Meer ist aufgewühlt. Die Fähre legt ab – und genau das ist ein Moment, den ich nicht missen möchte, denn er hat eine große Symbolik. Ist Reisen nicht auch immer ein Stück Altes an Land zu lassen und in etwas Neues aufzubrechen? Das, was auch den Zauber des Fliegens ausmacht? Doch dort sitzt man drinnen in der Kabine. Hier an Bord der Fähre spüre ich, wie mein Herz leichter wird, der Stresspegel sinkt und ich in den Ferienmodus schalte. Der Hafen Puttgarden wird kleiner und kleiner, die Molen verschwinden und schon bald sind wir auf dem offenen Meer.
Dicke Wolken und Dampf – Abgase der Fähre
Ich drehe mich um, um einen Blick auf die andere Bordseite zu werfen, doch was ist das? Dicke, dichte Wolken hängen um den Schornstein der Fähre, ich bekomme ab hoc ein schlechtes Gewissen: „Mist. Ich sollte kein großes Schiff fahren. Das ist ja Wahnsinn, was hier in die Luft geblasen wird.“ Sofort kommt mir die Kreuzfahrt-Diskussion in den Sinn und der sinnlose Ausstoß von Abgasen der Schiffe.
Als hätte der Kapitän meine Gedanken gehört, startet genau in diesem Moment eine Durchsage: „Umweltschutz ist uns wichtig. Wir arbeiten stetig daran, unseren CO2-Ausstoß zu senken, wenn Sie weiße Rauchwolken sehen, ist es größtenteils Wasserdampf.“ Ich horche erstaunt auf. Scandlines, so wird weiter durchgesagt, betreibt die größte Hybridflotte der Welt und arbeitet stetig daran, die Emissionen zu senken. Ziel ist es, in einigen Jahren komplett mit Batterieantrieb den rund 18 Kilometer breiten Fehmarnbelt zu queren. Heute wird noch Diesel mit elektrischem Antrieb kombiniert – Hybrid eben.
Ökolologische Überraschung: Hybridfähren bei Scandlines
Und nicht nur das: Die Abgase, die dennoch freigesetzt werden, laufen vorher durch einen Abgaswäscher, der Feinstaub und Schwefel aus den Emissionen entfernt und deren Ausstoß bis zu 90 Prozent senken kann. Dabei geht die verschmutzte Luft durch eine Art Dusche, die die feinen Partikel rauswäscht. So ist das Weiße, das aus den Schornsteinen kommt, vornehmlich Wasserdampf. Das finde ich gut und frage mich: Wenn derart viel Geld in die Fährtechnik investiert wird, warum ist eigentlich noch immer eine Untertunnelung des Belts in der Diskussion? Für das ökologische Gleichgewicht der Ostsee ist dieses Projekt äußerst fragwürdig. Lest mehr darüber hier oder hier. Mir wird ganz mulmig, wenn ich mir dieses geplante Großprojekt Fehmarn-Belttunnel vorstelle.
Auf nach Langeland
Dann doch lieber Schiff. Die 45 Minuten Überfahrt mit der Fähre Puttgarden-Rødby sind schneller verübergegangen als ich dachte. Jetzt noch eine halbe Stunde auf Lolland autofahren und dann auf die nächste Fähre: Nach Langeland. Und mit dem Ablegen bleibt noch ein weiteres Stück Schwere und Altes an Land. In dem kleinen Ort Tårs gibt es wirklich nichts außer dem Fähranleger und einigen Häusern. Wieder eine Dreiviertelstunde Überfahrt, auf das Meer schauen – nie wurde bei der Anreise mein Urlaubsmodus schneller angeschaltet als dort. Auf Langeland fahre ich nur noch etwa eine Viertelstunde von Spodsbjerg nach Rudkøbing, meinem Urlaubsort. Effektive Fahrzeit am Steuer: gut 4 Stunden (mit Stau). Auf dem Landweg hätte ich bestimmt sechs Stunden am Steuer gesessen – und wäre völlig erschöpft angekommen. Ich behalte das mit der Fähre und Dänemark mal im Auge für meine Urlaubsplanung.
Informationen Fähre Puttgarden-Rødby
Die Strecke Puttgarden-Rødby ist seit dem Jahr 1957 als Autofähre in Betrieb. Die Scandlines-Fähren legen im 30-Minuten-Takt ab, man muss aber 15 Minuten vor Abfahrt dort sein. Die Tickets kosten ab 33 € (hin- und zurück 66 €, smile-economy Ticket 1 Auto und bis zu 9 Personen), mehr Informationen gibt es bei www.scandlines.de
Zum Vergleich: Wer auf dem Landweg nach Kopenhagen über Fünen fahren möchte, nimmt nicht nur einen längeren Weg in kauf, sondern muss auch Maut für die Brücke über den Storebælt zahlen, etwa 34 Euro – da rechnet sich die Tour mit der Fähre Puttgarden-Rødby schon aus finanzieller Hinsicht.
Wer nach Langeland mit der Fähre weiterfahren möchte, nutzt die Gesellschaft Færgen und startet in Tårs auf Lolland. Die Überfahrt kostet ab 36 € pro Strecke.
Die Reise wurde unterstützt von Færgen.
Du möchtest mehr über meine Zeit in der dänischen Südsee im Winter lesen? Dann schau doch mal bei meinen anderen Artikeln vorbei:
Langeland: Winter in der Südsee
Bagenkop: Zu Besuch bei den WIldpferden von Langeland
Teestunde mit der Gräfin auf Schloss Tranekær
16 Antworten
dass du während einer fahrt mit der fähre dich nicht allein mit pommes essen befasst, sondern lieber raus gehst, kann ich gut verstehen. mach ich auch immer so. bei jeder seefahrt muss ich mindestens einen zeit lang an deck sein…
Liebe Andrea,
wieder einmal ein Bericht von dir über die Fährfahrt – Puttgarden-Rødby, der mir viel Freude macht.
Der mir so viele schöne Erinnerung bringt.
Ich kann deine Gefühle durchaus nachempfinden – habe ich sie auch erleben dürfen. Das Gefühl von Freiheit ist einfach unbeschreiblich. Den Wind in den Haaren und das Salz auf den Lippen zu spüren – man muss es einfach erlebt haben. Wenn die Möwen mit ihrem lauten Geschrei das Schiff begleiten. Puttgarden allmählich immer kleiner wird. Die wogende See mit den Beinen abzufangen und dann das Gefühl zu haben mit der See eins zu sein. *seufze*
Die Fährschiffe galten schon damals als sehr umweltfreundlich. Deshalb konnte ich es auch nicht verstehen warum man sich immer noch mit dem Thema „Untertunnelung des Belts“ beschäftigt.
Die Bewohner Fehmarns setzten sich schon damals vehement dagegen zur Wehr. Denn die ganzen Vogelschutzgebiete wären betroffen. Abgesehen von dem Alkohol-Tourismus, der dann noch stärker werden würde. Und den möchte wirklich niemand haben. 🙁
Fehmarn würde den Charme, den sie als Urlaubsinsel geniesst, auf jeden Fall einbüssen.
Doch alles in allem hinterlässt so eine Überfahrt mit einem Fährschiff schöne, bleibende Erinnerungen.
Es muss ja nicht immer gleich eine Kreuzfahrt sein! 😉
Lieben Gruß zu dir,
Lilo
wenn ich richtig überlege war ich eigentlich noch nie auf einem großen Schiff oder Autofähre. OK am Bodensee aber auf dem offenen Meer glaub noch nie ! Es ist einfach irre dass solche Schiffe über 300 PKW transportieren können und dann bestimmt noch LKW und Busse. Ich finde diese Variante auf jeden Fall bequemer und stressfreier als über verstopfte Autobahnen zu fahren. Das mach in der heutigen Zeit wirklich keinen Spaß mehr und es wird immer schlimmer. Mir reicht immer schon die Autofahrt in Richtung Süden für einen Kurzurlaub. Auf der A8 Richtung München kommt schon nach wenigen Minuten der Stressfaktor !!!! Vielen Dank für diesen Beitrag ! LG Manni
Lieber Manni, nicht nur LKW und Busse, ich war auch schon mal mit dem ICE auf eben dieser Fähre, das ist vielleicht erst ein Erlebnis, wenn ein kompletter Zug eingeschifft wird! Und ja, ich finde diese Reisevariante auch besser, es ist eben Reisen und nicht, wie man es so oft tut, von A nach B hetzen.
Liebe Grüße, was macht der Schnee?
Liebe Lilo, ja genau, du sprichst mir aus der Seele. Man darf eben nicht vergessen, dass der Sund ein wichtiges Vogelschutzgebiet ist, ich finde die Tunnelplanung unglaublich und hoffe, dass man sich anders entscheiden wird. Und ja, Fähre fahren ist schon etwas Tolles, zumal, wenn man es mit einigermaßen gutem Gewissen tun kann wie hier. An den Alkohol-Tourismus habe ich übrigens noch gar nicht gedacht, aber da ist tatsächlich auch etwas dran. Danke dir für die Mühe, einen solchen Kommentar zu schreiben, liebe Lilo.
Liebe Grüße
Lieber Peter,
ja, ich muss die Landschaft spüren, die mich umgibt. Und ich liebe den Wind, vor allem am Meer, auch wenn ich oft schimpfe, wenn er so kalt ist, dennoch mag ich ihn sehr. Liebe Grüße
Tolle Sturmfrisur.Gruß Alois
Hihi, danke! So könnte es immer sein, finde ich! Gestylt ist doch langweilig dagegen.
Wunderschön, ich liebe Autofähre fahren. Von Travemünde nach Trelleborg bin ich schon mitgefahren. Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, aber im Winter habe ich das noch nicht gemacht
LG Andrea
Liebe Andrea, das ist lustig, denn ich habe die Strecke nur mit Schnee und nur im Winter erlebt. Jetzt muss ich wohl mal im Sommer fahren… aber bei unseren Wetterkapriolen sollte ich mich auf einiges gefasst machen. Danke fürs Vorbeischauen und schönen Abend dir
Ein sehr schöner Bericht und tolle Fotos. Ja die Ostsee bei Schnee und Eis ist schon etwas besonderes
Dankeschön, das freut mich! Und ja, die Ostsee ist dann wirklich besonders. Danke fürs Feedback und Vorbeischauen bei mir.
ich bin ja schon so ein bisschen traurig, dass ich von diesen orten einfach zu weit weg wohne, um da mal schnell mit der fähre hinzufahren. aber man kann halt einfach nicht alles haben ^.^ jedenfalls habe ich so viele bilder vom vereisten meer gesehen und das sah ganz unglaublich aus. der blaue himmel und die sone sind auch richtig schön. ach wie wunderbar!
Liebe Paleica, ja, ich war auch ganz entzückt und ich liebe die Ostsee im Winter, wenn alles so vereist ist. Leider aber ist mir meine Kamera kaputt gegangen auf der Reise, so dass das Smartphone herhalten musste. Ein Jammer, sag ich dir. Und ja, der Norden ist besonders schön, ich mag ihn sehr. Ganz liebe Grüße in den bergigen Süden und vielen Dank fürs Vorbeischauen bei mir
Jaaaa, Fähren. Die liebe ich auch so. Ich fahre zum Beispiel nach Sylt grundsätzlich mit der Fähre von Römö aus. Es ist ein bisschen weiter zu fahren als zum Autozug in Niebüll. Dafür aber günstiger. Und toller. Die Puttgarden-Fähre ist sowieso cool. Ein Tagesticket kostet für Fussgänger oder Fahrradfahrer nur 6 Euro. Unbedingt machen, wenn man mal auf Fehmarn ist. Liebe Grüße, Stefanie
Liebe Stefanie,
Das freut mich aber mit den Fähren – dieses Gefühl, abzulegen und ins Neue zu fahren, das ist einfach so besonders und das gibt es nur auf der Fähre. Freut mich sehr, dass du diese Leidenschaft auch so teilst. Danke für den Fußgängertipp! Das ist ja noch mal eine sehr gute Idee.
Liebe Grüße