Eigentlich wollte ich gestern nur in einen Mittelalter-Laden in Dithmarschen. Doch dann war Wacken – und das Festival hatte auch uns gestern voll im Griff, obwohl es erst heute abend offiziell losgeht. Gefeiert wird aber schon sei Tagen. Ich hatte es ja schon geahnt: Einen Tag vor Festival-Beginn nach Wacken zu fahren, ob das so eine gute Idee war? War es! Irgendwie bin ich mitten in das Festival geraten und noch immer ganz geflasht von der schönen Stimmung, die über dem knapp 2.000 Einwohner-Ort gestern schon lag.
Immerhin war noch das Ortsschild vorhanden, als wir in Wacken einbogen. Dort begrüßten uns gleich Ordnungskräfte, die die Verkehr leiteten und am besten großflächig am Ort vorbeillenkten. Wir fuhren mittendurch – und bereuten es fast, denn die Straßen waren schwarz. Wie in einem Ameisenhaufen wimmelte es vor Menschen – alle schwarz gekleidet, die meisten mit Wacken-Shirts.
Friedlich strömten die Menschen durch die Straßen zu den zwei Supermärkten, trafen sich in der Gaststätte „Zum Wackinger“ oder ließen vor der Kirche ihre Boxen dröhnen. Ein Geruch von Bier und Schweiß lag über der Stadt – und alle waren irgendwie gut drauf und scherzten mit mir. Etwa die junge Frau, die mir sagte, sie hätte ihre Füße heute extra schon gewaschen…
Oder der Mann mit Engelslöckchen und rosa Rucksack. Er ging vor mir, als ich ihn ansprach, ob ich ein Foto machen dürfe und es veröffentlichen, antwortete er mir mit tiefsten Schweizer Dialekt. „Ich möchte aber von vorn und ganz aufs Foto!“ Nebenan gingen Norweger und weiter vorn hatte ich italienische Stimmen gehört. Es ist eine internationale Mischung, immerhin ist Wacken das weltgrößte Heavy-Metal-Festival.
Als ich dem Schweizer meine Visitenkarte in die Hand drückte, damit er sein Foto später auch sehen kann, lachte er beim Namen des Blogs: „Ich halte es ja mehr mit Enzianblau anstatt mit Indigoblau.“ Tapfer schleppte er seine Biere durch das Dorf, bis er auf drei Kinder stieß, die mit ihren Go-Karts den Weg blockierten. Geschäftstüchtiger Nachwuchs funktioniert Go-Karts zu Lastentaxis um und kutschiert den Besuchern die schweren Bierpakete zum Zelt – der Schweizer nahm gerne von dem Angebot Gebrauch. Andere Metal-Fans fragten uns, ob wir einen 13er Schlüssel hätten, sie bräuchten ihn unbedingt. Warum bloß? „Wir wollen das Ortsschild abschrauben.“ Auf meine Antwort: „Da seid Ihr bestimmt nicht die ersten, die drauf gekommen sind“, sagten sie „Doch heute schon.“ Aber aushelfen konnte ich leider nicht. Dafür bewunderte ich die Einheimischen, die Pizzawagen vor ihren Türen hatten oder sich einfach in den Vorgarten setzten und dem Treiben zuschauten. Ganz friedlich und wohlwollend. Übrigens bekommt jeder Einwohner ein Village-Bändchen und hat freien Eintritt zum Festival – was für eine schöne Idee.
Kinder verkauften Coffee to go aus Thermoskannen – geschäftigstüchtige Dithmarscher. Wie auch Hendrik und Helge Pahl, die nicht nur eigenes Wacken-Bier brauen, sondern auch gleich eine Bierpipeline zum Festivalgelände legen ließ. Es lohnt sich, denn 400.000 Liter des Gebräus werden auf dem Festival durchschnittlich umgesetzt. Wow. Das sind Zahlen.
Irgendwie scheint WOA alle im Griff zu haben in Dithmarschen, die Fähren über den Nordostseekanal transportieren Langhaarige in den schwarzen T-Shirts, unglaublich viele Motorradfahrer brausen auf den Straßen und überall dröhnt Heavy-Metal.
Sogar in unserem Hotel im 40 Kilometer entfernten Wöhrden war das Festival Thema. Die Besitzerin erzählte uns, dass auf dem Nordostsee-Kanal ein Hotelschiff andocken würde und dass es dann einen Shuttle-Service nach Wacken gibt. „Ich gehe Sonntag auch hin“, schloss die bestimmt schon 65-Jährige ihre Ausführungen. Also in Dithmarschen bleibt niemand vom Wacken-Fieber verschont. Und jetzt kann ich es auch verstehen, denn die Stimmung war wirklich leicht, lachend und so wunderbar gut gelaunt und lebensfroh. Ganz das Gegenteil, was manche der Musik so nachsagen. Und in dieser Umgebung klingt die Musik auch richtig toll. Vielleicht gehe ich 2018 auch hin. Allen, die jetzt da sind, wünsche ich ein wunderbares Festival, trockenes Wetter und bleibt so weltoffen und locker, wie Ihr seid!
8 Antworten
Wer kennt das „Wacken Festival“ nicht ! War noch nie dort, aber habe im Fernsehen schon Aufzeichnungen gesehen. Für mich sind das stellenweise super Band s dabei aber manchmal ist mir die Musik zu „hart “ ! Bin kein Metall Fan aber wie gesagt stellenweise gefällt es mir auch ! Ganz toller Bericht den du da geliefert hast und jeder der sich dafür interessiert wird begeistert sein auch mal hinter die Kulissen schauen zu können !
PS: Bei Zugabe für Kreta ( nur für dich ) ist freigeschaltet !!! LG Manni
Lieber Manni,
Danke, dir, da freue ich mich sehr. Die Menschen sind es – wie übrigens überall – die das Festival zu dem machen, was es ist. Die Stimmung hat mich wirklich fasziniert und diese Bodenständigkeit dort auch. Ich bin ja gestern spät erst wiedergekommen, hab schon gesehen, dass da etwas in der Pipeline bei dir ist, konnte aber noch nicht vorbeischauen, das tue ich gleich mal.
Ganz liebe Grüße
Wie geil ist dass denn? Sorry, musste raus. *lach*
Vielen dank für all die tollen Bilder und für den klasse Bericht!
Ganz liebe Grüße!
Ja, das finde ich auch! Danke fürs Vorbeischauen und deine Spontanbegeisterung 🙂 Liebe Grüße
Liebe Andrea, Wacken ist echt eine Welt für sich. Nebenbei hat´s der Gemeinde Geld ohne Ende in die Kassen gespült. Kaputte Straßen oder leere Läden gibts in Schleswig-Holstein überall; aber nicht in Wacken. Witziger Artikel; liebe Grüße Stefanie
Liebe Stefanie, danke, ich finde die ganze Wacken-Story wirklich erstaunlich. Du wohnst da in der Nähe, oder?
Liebe Grüße
Andrea
Hallo Andrea
Dein Beitrag gefällt mir sehr gut. Viele interessante Informationen 🙂
Ich finde es ja immer erstaunlich, dass das Wacken Festival seltsamerweise so friedlich abläuft, obwohl viele erstmal geschockt sind, wenn sie Metall-Fans sehen, weil sie ja so böse und schwarz aussehen ^^ Dabei habe ich noch nie gehört, dass es beim Wacken irgendwelche größeren Skandale oder schlimme Ausschreitungen gegeben hat.
Ok, vielleicht ist das Ortsschild eine Ausnahme. Mich würde ja doch mal interessieren, wie viele der Schilder während dem Festival benötigt werden ^^
Liebe Grüße,
Melanie =^_^=
Liebe Melanie, ja, die Anzahl der Ortsschilder von Wacken – diese Frage würde mich auch interessieren. Danke fürs Vorbeischauen und den Kommentar, das freut mich sehr. Wacken gehört zu den Ereignissen, die mich sehr beeindruckt haben in ihrer Friedlichkeit und ihrer Ausstrahlung, weil so viel Freude in der Luft war. Möglicherweise aber ist das nach zwei Festivaltagen schon anders 🙂 Liebe Grüße
Andrea