Wer gern Vögel beobachtet, ist an der Nordsee goldrichtig. Denn Vogelsaison ist dort immer. Doch was genau gibt es eigentlich zu sehen und wo geht man am besten hin?
1. Das Geheimnis der Vogelbeobachtung
Es wimmelt auf den Feldern vor weißen Möwen. Sie fliegen auf, schwärmen hinter den Treckern hinterher anstatt den Fischkuttern zu folgen. So viele Möwen habe ich lange nicht mehr auf einem Haufen gesehen. Ostfriesland im Spätsommer oder Frühherbst ist wunderschön vor allem wegen des großen Flatterns. Die Luft scheint voller Konfetti aus Vögeln zu flirren, überall schwirren Tiere auf und mit etwas Glück zeigt sich auch ein einzigartiges Phänomen: Bei manchen Vogelarten leuchten die Federn für einen Flügelschlag kurz in der Sonne auf und es wirkt, als trügen sie ein blinkendes Licht in sich, dessen Rhytmus vom Schlagen ihrer Flügel bestimmt wird. Vogelbeobachtung ist ein wunderbarer Grund, an die Nordsee zu reisen. Stundenlang könnte ich mich einfach ins Gras setzen und schauen.
Die Nordsee ist nicht ohne Grund Weltnaturerbe. Das liegt vor allem an den Vögeln. Einige Arten wie etwa die Ringelgänse gar nicht nach Sibirien schaffen, wenn sie nicht an der Nordsee Station machen könnten, um sich einen Vorrat anzufuttern.
Die Nordsee ist wichtiger Teil des Ostatlantischen Vogelzugweges, der Afrikas Westspitze mit Sibirien verbindet. Säbelschnäbler, Pfuhlschnepfe oder auch Alpenstrandläufer und Ringelgans machen dort Station, bevor sie weiter in ihre Winter- oder Sommerquartiere fliegen. Von manchen Arten wie etwa Ringelgans, Kiebitzregenpfeifer oder Alpenstrandläufer kommen sogar alle Vögel der Art, um sich in der Nordsee zu stärken und dann weiterzufliegen.
Zugvögel sind Meister im Ausnutzen der Ressourcen. Sie lieben die Arktis im Sommer mit ihrer durchgehenden Helligkeit und dem reichen Nahrungsangebot zum Brüten und als Kinderstube für die Küken. Wenn die Jungen groß genug sind, kommen meistens auch Kälte und Dunkelheit und so ziehen die Vögel ins warme Afrika. Für mich ein Phänomen mit vielen Fragen: Wie finden sie den Weg? Woher wissen sie, dass sie angekommen sind? Und warum bleiben sie nicht gleich an der Nordsee? Doch Fragen beantworten muss nicht sein, es reicht, wenn ich sie mir stelle.
2. Die beste Zeit für Zugvögel an der Nordsee
Im April und Mai wimmelt es an der Nordsee nur so vor Zugvögeln, ebenso in den Monaten September und Oktober. Sie sind ideal für eine Zugvogelbeobachtung an der Nordseeküste. Dann sind nicht nur einheimische Vögel zu sehen, sondern auch Tiere, die nur auf der Durchreise sind.
Mitte bis Ende September ist eine gute Zeit, um sich einen Platz im Vogelbeobachtungshäuschen zu suchen und dann ungestört den Möwen, Strandläufer oder Gänsen zuzuschauen. Es gibt sogar einen eigens ausgewiesenen Termin: Am 5. und 6. Oktober lädt der Nabu zum Eurobirdwatch-Tag ein. Auch der Nationalpark Wattenmeer organisiert immer Zugvogeltage, in diesem Jahr fallen sie auf den 10. bis 18. Oktober, es gibt dazu jede Menge Veranstaltungen und Sonderführungen.
Und an welcher Tageszeit hat man die besten Chancen, Zugvögel zu sehen? Eigentlich die ganze Zeit, denn es hängt von der Vogelart ab, wann sie zieht und wann sie aktiv ist. Die so begehrten Kraniche ziehen gerne tagsüber und lassen die schöne V-Formation sehen, während Stare gerne in der Dämmerung fliegen.
3. Der richtige Ort für die Vogelbeobachtung
Wer Vögel beobachten will, sollte etwas erhöht stehen. Zwar sieht man die Vögel auch auf dem platten Land gut, aber da das Auffliegen zumeist sehr spektakulär ist, lässt sich das besser von erhöhten Plätzen aus beobachten. Deiche eignen sich dazu ebenso wie spezielle Vogelbeobachtungshäuschen, die oft auch auf Stelzen errichtet sind. Spezielle Vogelbeobachtungsplätze sind hier zu finden. Oder aber man hält einfach die Augen auf, an vielen Orten gibt es inzwischen die Beobachtungshäuschen. Wer auf google Maps suchen möchte, gibt den Ortsnamen und Vogelbeobachtungsstation ein, dann werden die Häuschen sogar verortet.
4. Vogelarten an der Nordsee
Die Vögel, die man am meisten an der Nordsee sieht, sind wohl Möwen. Ob Lachmöwe, Sturmmöwe oder Silbermöve, Möwen findet man an der Küste überall. Auch Seeschwalben wie Küstenseeschwalbe oder Flussseeschwalbe lassen sich häufig blicken, ebenso wie doe Singvögel wie Steinschmätzer oder Buchfink. Besonder schön sind die Watvögel mit ihren langen, stelzenähnlichen Beinen. Zu den Watvögeln gehören Austernfischer ebenso wie Goldregenpfeifer oder Knutts. Besonders berührend für mich sind aber die Löffler mit ihrem so charakteristisch geformten Schnabel, sie brüten wieder an der Nordsee und sind besonders schön in Greetsiel oder vor den Ostfriesischen Inseln zu sehen.
5. Liste der Nordsee-Vögel
Eine Liste der Nordsee-Vögel findet Ihr hier mit vielen weiterführenden Informationen. Eine schöne Übersicht, welcher Vogel wann zu sehen ist, findet sich hier. Sehr schön finde ich auch diese Auflistung.
6. Ausrüstung fürs Birdwatching
Manchmal hat man Glück und sieht die Vögel unterwegs. Ich mag es aber auch, mich an Plätze zu setzen und einfach zu warten. Am besten ist das in der Dämmerung. Ich habe dann gerne eine Thermoskanne mit Tee dabei, etwas Proviant und ein Sitzkissen, damit an kalten Tagen die Kälte nicht übers Gesäß in die Knochen zieht. Ein gutes Vogelbestimmungsbuch ist sicherlich auch hilfreich.
7. Tipps für gute Orte zur Vogelbeobachtung
In Greetsiel beim Pilsumer Leuchtturm gibt es zwei Beobachtungshäuschen, ebenso auf den Inseln, dort sind vor allem die ruhigen östlichen Spitzen interessant, auf Langeoog oder auch bei Bunde gibt es schöne Vogelbeobachtungshäuschen, Kiekkaste genant. In Neßmersiel gibt es einen schönen Ausguck, ebenso das Flinthörn auf Langeoog. Ach Langeoog, die Insel ist nicht nur schön, sondern auch ein richtiger Hotspot für die Vogelbeobachtung.
Tiere beobachten geht übrigens nicht nur an der Nordsee, sondern auch im Wald ganz in der Nähe, hier gebe ich Euch Tipps, wie Ihr Tierspuren enträtseln könnt. Und hier gibt es generelle Tipps zur Vogelbeobachtung. Auch am Steinhuder Meer kann man gut Vögel beobachten. Wer nicht auf Deutschland fixiert ist – Birdwatching in der Bretagne oder in Italiens Podelta ist auch superschön!