Winter auf der dänischen Insel Langeland und alles scheint ausgestorben? Macht nichts, das Gut Skovsgaard lohnt immer einen Besuch. Es ist Museum, Naturerlebnisraum und Café in einem.
Manchmal sind es die Geschichten hinter der Schlössern, die den Zauber der Orte ausmachen. In Skovsgaard war es eher eine Gänsehaut als Magie. Und dennoch zieht mich die Geschichte, die Marianne Kragh Petersen erzählt, sofort in ihren Bann. Die Biologin arbeitet auf einem dänischen Gutshof namens Skovsgaard,das zu den Hauptattraktionen der Insel Langeland gehört.
Skovsgaard: Schloss, Bio-Hof und Museum in einem
Abgeschieden von den Dörfern liegt das Gut verträumt zwischen Feldern und Wäldern, ein großes Areal an Feldern und Wiesen, das an diesem Morgen eine einzige, weiße Schneedecke ist. Ich habe Mühe den Weg zu finden, Schneeverwehungen blockieren meine Fahrbahn, ich muss im Schritttempo fahren und hoffe, irgendwann angekommen zu sein. Eine Katze ist es, die mich dort begrüßt. „Das ist Oliver“, stellt Marianne Kragh Petersen mir das Tier vor. MIt herber Freundlichkeit begrüßt sie mich an diesem Wintertag und stapft mit mir auf das kleine Schloss zu. Es ist heute Museum, das die Wohnräume von Ellen Fuglede zeigt. Sie war die letzte Besitzerin des Schlosses und hat es der Stiftung vermacht, die die Marianne heute arbeitet. Es sind weniger die eleganten Räume der Gutsherrin als vielmehr der Keller, der mich beim Rundgang fasziniert. Doch zunächst erzählt sie mir die Geschichte von Ellen Fuglede.
Die einsame Geschichte um Ellen Fuglede
Die Gutsherrin wuchs als Kind allein mit ihrer Mutter auf Skovsgaard auf, denn die Mutter trennte sich kurz nach der Geburt von ihrem Ehemann und zog zurück in ihr Elternhaus auf Langeland. Ihre Erfahrungen mit Männern müssen nicht die besten gewesen sein, denn die trichterte ihrer Tochter schon früh ein, sich von Männern fernzuhalten und so wohnten die beiden Frauen bis zum Tode der Mutter auf Skovsgaard zusammen. Als Ellen das Schloss übernahm, hatte sie längst die männerfeindliche Lebenseinstellung ihrer Mutter übernommen. Anstelle einer Familie hat sie sich Katzen angeschafft, von denen es im Schloss nicht nur so wimmelte, sondern die auch noch alles durften. „Schauen Sie hier, so sahen alle Möbel aus, völlig von den Katzen ramponiert“, erzählt Marianne Kragh Petersen.
Da Ellen Fuglede keine eigenen Kinder hatte, hat sie sich der Natur angenommen und sich ihrem Schutz verschrieben, deswegen verfügte sie auch, dass ihr Elternhaus nach ihrem Tode nicht nur ein Museum würde, sondern auch, dass das gesamte Gut so bleiben soll, wie sie es hinterlassen hat und dass es im Dienste des Naturschutzes arbeitet. Sie muss ganz schön einsam gewesen sein, die Schlossherrin, denke ich so bei mir und überlege, ob Kater Oliver ein Nachkömmling der Katzen ist. „Nein, sie hat verfügt, alle Katzen mit ihren Tod zu töten, weil sie es nie wieder so gut haben würden wie bei ihr“, erklärt Marianne. Mir läuft ein Schauer über den Rücken.
Einziges Museum, das Dienstbotenräume zeigt
Während auf dem Gut Skovsgaard im Erd- und Dachgeschoss die wieder hergestellten Wohnräume der Hausherren zu besichtigen sind, gibt es im Keller einen ganz besonderen Bereich für Museumsfreunde: „Wir sind das einzige Schlossmuseum weit und breit, das die Wohn- und Arbeitsräume der Dienstboten zeigt“, erklärt mir Marianne und führt mich in den Keller. Während ich es im oberen Teil des Schlosses eher unspektakulär fand, bin ich sofort begeistert: Ich stehe in einer riesigen Küche mit himmelblauen Möbeln, lebensgroße Puppen stellen die Mägde dar, wie sie am offenen Herd stehen und kochen und auch Äpfel und Würste liegen herum, ganz so, als wäre die Küche noch in Betrieb. Es geht weiter zu den Wohnräumen der Angestellten, die fast alle einen Ofen haben. „Das war damals ein Luxus“, erklärt Marianne. Mich fröstelt es schon in meiner dicken Winterjacke, manche der Fenster im Keller (etwa die in den Vorratsräumen) sind nicht verglast und sorgen für eisigen Wind, der hineinpfeifft.
Naturerlebnisse wie Huckleberry Finn oder Pipi Langstrumpf
Dass Marianne als Biologin auf dem Gut arbeitet, hat seine Gründe in der Stiftung, denn Skovsgaard ist einerseits auf biologische Landwirtschaft ausgerichtet und einer der größten Betriebe des Landes. Zum anderen spielt der Naturschutz eine wichtige Rolle und deswegen ist die Arbeit der Ranger und Naturpädagogen so wichtig. Marianne hat sich ein Programm ausgedacht, das „Küss den Frosch“ heißt und an einigen Stellen rund um die Insel Fünen Kinder (und damit auch Erwachsene) an den Naturschutz heranführt. Dabei ist es das Einfache, Unkomplizierte, das sie fördern will. Kleine und große Forscher sollen einfach loslegen können, woimmer sie gerade sind. Etwa mit Netzen Falter und Käfer fangen, untersuchen und wieder freilassen. Oder in den kleinen Tümpeln Wasserproben entnehmen.
Oder einfach nur mit Bestimmungsbüchern die Natur erkunden. Man kann sich auch vom Hof Eier zum Selbstkostenpreis mitnehmen und daraus einen Pfannkuchenteig rühren, der an langen Stilpfannen über dem offenen Feuer gebraten wird. Oder in mit den Kleindungsstücken der ehemaligen Schlossherren Verkleiden spielen. Es gibt viele Möglichkeiten, aktiv auf Skovsgaard zu sein. Eines haben sie fast alle gemeinsam: Es sind Aktivitäten, die Fantasie und Kreativität fördern anstatt am Rechner Dinge herauszufinden. Man kann auch einfach nur stundelang durch Wälder und Wiesen wandern und hoffen, dass man einen der Seeadler sieht, die auf Langeland wohnen.
Information für Besucher von Skovsgaard auf Langeland
Ihr wollt Skovsgaard besuchen? Das lohnt sich vor allem im Sommer, denn dann kann man großartig-einfache Dinge machen. Etwa Tierspuren mit Gips ausgießen oder Pfannkuchen aus frisch gelegten Eiern über den offenen Feuer braten. Der Eintritt zum Gut kostet 60 Kronen für Erwachsene, Kinder sind frei (bis 17 Jahren). Mit der Eintrittskarte kann man alles machen: In die verschiedenen Museen gehen, es gibt auch ein Traktor-Museum und eines mit alten Kutschen. An der Naturstation kann man nicht nur Kleinstlebewesen unter dem Mikroskop anschauen, sondern auch Eisenpfannen für das Lagerfeuer ausleihen oder Kescher für Schmetterlinge. Preis? Alles im Eintritt enthalten. Geöffnet von April bis Oktober 10-17 Uhr.
Besonders schön ist auch das Café, das an den Hof angeschlossen ist, die Nahrungsmittel sind natürlich in biologischer Qualität. Im Sommer sitzt man auf der Terrasse und schaut auf das kleine Schloss.
Adresse: 10, Kågårdsvej, 5900 Rudkøbing, Tel. +45 62 57 26 66, www.skovsgaard.dn.dk
Die Reise wurde unterstützt von Faergen – danke dafür.
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Bagenkop: Zu Besuch bei den WIldpferden von Langeland
Teestunde mit der Gräfin auf Schloss Tranekær
2 Antworten
Danke liebe Andrea,
für deinen ausführlichen Bericht über deinen Besuch im Bio-Gut Skovsgaard.
Ein Besuch dort ist bestimmt sehr interessant.
Zeigt es doch wie das Leben sich in aller Einfachheit leben lässt.
Deine wunderbaren Bilder belegen das Ganze.
Die Katzen haben wirklich ganze Arbeit geleistet. 😉
Lieben Gruß,
Lilo
Liebe Lilo, danke, ja, Einfachheit hat schon etwas Besonderes, finde ich. Und die Geschichte mit den Katzen ist etwas schaurig, finde ich. Liebe Grüße