Warum war es hier so still die letzten Monate und was war eigentlich bei mir so los im vergangenen Jahr? Mein ganz persönlicher Jahresrückblick und warum ich froh bin, an `21 einen Haken setzen zu können.
Das Jahr 21 – es versprach am Anfang schön zu werden. Gut, Corona war da. Klar. Aber ich habe eine wunderbare Familie und tolle Menschen um mich herum. Einen Beruf, der mir momentan zwar Kopfzerbrechen bereitet, mich aber trägt. Dachte ich. Doch dann kamen die Schlaglöcher und eine rasante Achterbahnfahrt, wie ich sie selten zuvor erlebt habe.
Homeschooling
Zunächst Homeschooling. Das war herausfordernd, aber ok, denn mir war es lieber, die Kinder zu Hause zu haben als in den irrsinnig kalten Klassen mit den ständig geöffneten Fenstern. Immerhin sanken die Temperaturen auf bis zu minus 18 Grad, da hätte ich meine Kinder nicht am offenen Fenster sitzen lassen mögen. Doch Homeschooling war nicht alles, was mich forderte, es kam noch die Trennung dazu, was sich auch nicht mal eben so mit links wegstecken ließ. Aus einem Haushalt zwei machen und die Lücken füllen, hieß auch, einmal komplett renovieren und mit meinem Kleinstwagen Möbel transportieren. War anstrengend aber es ließ sich irgendwie schaffen und letztendlich war es total erstaunlich, was da alles reinpasste – in mein Auto, in meine Emotionen und in mein neues Aufgabenfeld.
Man wächst an seinen Herausforderungen und es gibt ja nicht nur Schlechtes. So ist es immer. Ich habe seit acht Jahren nach einer Reitmöglichkeit gesucht, bei der nicht nur meine Tochter Pferdeluft schnuppern, sondern ich mir auch meinen großem Kindheitstraum erfüllen kann: Reiten. Doch man glaubt es kaum, ich lebe auf dem Land, umgeben von Pferden, aber Reitunterricht war nicht möglich, es sei denn, man hat ein eigenes Pferd. Aber ohne reiten zu können, schaffe ich mir kein Pferd an – und so biss sich die Katze andauernd in den Schwanz.
Reiten und Pferde
Ich hatte meine Tochter inzwischen irgendwo untergebracht, wo sie eine halbe Stunde mit der S-Bahn hinfahren musste, um von Bande A nach Bande B zu traben und meinen eigenen Traum vom Reiten lernen aufgegeben, als mein Hund plötzlich jagen ging. Es war beim Spaziergang in meinem Dorf. Auf der Suche nach meinem Hund fand ich plötzlich eine versteckte Weide mit Pferden und traf eine Frau, die Heu machte. Wir kamen ins Gespräch und da ich jeden erfolglos nach Reitunterricht fragte, stellte ich mehr aus Gewohnheit, denn mit Hoffnung die Frage, ob wir bei ihr reiten lernen können. Die Antwort saß. Sie war knapp. Zwei Buchstaben kurz: „Ja“. Ich fragte ungläubig: „Ich auch?“ „Ja.“
So sind wir also zum Reiten im Dorf gekommen. Und das war das Beste, was uns passieren konnte, denn das hat uns durch die kontaktbeschränkte Coronazeit geholfen. Während ich mich schon um die neue Nachdenklichkeit und Zurückgezogenheit meiner Tochter sorgte, fielen mir zehn Steine vom Herzen, als ich sie mit dem anderen Pferdemädchen kichern hörte, denn meine Pferdebekanntschaft hatte auch eine Tochter in ähnlichem Alter.
Ich lernte Reiten. Und das nicht in der Halle, sondern bei uns am Berg. Wir ritten durch Wald und Wiese, galoppierten auch zwischendurch und es tat mir einfach nur gut. All der Stress der Trennung und der neuen, vollen Verantwortung für die Kinder und Co waren in der Pferdezeit vergessen.
Sorgen und Tiefschläge
Und doch blieb eines. Die Sorge um meinen Beruf. Um das: Wie geht es weiter? Ich bekomme immer die Abrechnungen meiner Bücher und war in diesem Jahr wirklich erschrocken, wie wenig Absatz die Bücher gefunden hatten. Gut, es hatte einen Lockdown gegeben und die Bücherläden waren dicht geblieben, Reisen nicht möglich, Dennoch: Bei den Zahlen dauerte es nicht lange, bis Sparmaßnahmen griffen. Und dann diese Reiseeinschränkungen. Mein Beruf ist doch Reisen und darüber schreiben. Ich war plötzlich festgesetzt und bangte darum, meinen Beruf noch weiter ausüben zu können. Was würde mich tragen? Was würde mich ernähren? Ich spürte, dass ich unter Schockstarre war und dass es nicht so weitergehen konnte mit meiner Arbeit. Aber wie denn dann?
Ich suchte mir das, was ich liebe: Wald und draußen sein und entschloss mich, mich mehr darauf zu konzentrieren und damit Geld zu verdienen. Aber genau das ist so eine Sache. Ich habe damals schon nicht Kunst studiert, weil ich nicht gezwungen werden wollte zu malen, sondern das immer als Ausgleich tun wollte. Und ähnlich ist es heute mit der spirituellen Arbeit. Ich liebe es, Menschen zu helfen, doch ich möchte nicht mein Geld damit verdienen müssen und plötzlich Menschen als Einkommensquelle sehen müssen. Es war mir immer klar, dass ich mein Geld mit anderen Dingen verdienen wollte, als mit spiritueller, schamanischer Arbeit. Also der Wald- und Kräutergedanke gärte in mir und ich machte mich auf den Weg, dort Geld zu verdienen.
Dann aber kam ein ziemlicher Tiefschlag. Im Privaten. Da es sich auch um eine kriminologische Sache handelt, kann ich darüber nicht mehr sagen. Es war im Juli, ich war tief geschockt. Der Vorfall hatte unsere Lilalaune-Welt, die sowieso schon so bröckelte, ebenso zerstört wie unser Vertrauen in Freunde und das Gute im Menschen. Und meine Tochter hat das erste Mal miterlebt, dass es auf der Welt Menschen gibt, die Fürchterliches machen und dass diese Leute ganz nah sein können. Ich lebte in permanenter Sorge – und das über mehrere Monate. Hilfe holen? Ging leider nicht, denn, man glaubt es kaum, in unserem hochentwickelten Land gibt es unfassbare Lücken im System – doch lassen wir das. Vielleicht arbeite ich das später einmal auf. Ich musste funktionieren und machte weiter. Die Sache hat mich völlig ausgehebelt. Ich musste viel reden, um das Schreckliche zu verarbeiten. Schrieb, aber hatte keine Kraft mehr zu bloggen. Bekam grade so alles auf die Reihe. Doch dieses Mehr an Kraft, das man als Selbstständiger immer braucht, fehlte. Ich war nicht in der Lage, mit den Kindern in den Sommerurlaub zu fahren und redete mir ein, dass es auch mal Zeit sei, Sommerferien zu Hause zu verbringen. Übrigens eine blöde Idee, da rinnt einem die Zeit durch die Finger und man hat kaum etwas erlebt. Traurig eigentlich. Und dabei hätte ich den Urlaub dringend nötig gehabt. Aber ich hatte keine Kraft, mich dazu aufzuraffen. Und keinen Mut. Denn ich hatte Angst vor Quarantäne und Co.
Urlaubspläne? Fehlanzeige
In mein Wohnmobil setzen und lostuckern, wie wir das im Jahr zuvor gemacht hatten, war nicht drin, denn die alte Fiat-Dame war so unzuverlässig geworden, dass ich es mir mit meinen Nerven nicht zutraute, noch mal Sommerferien on the Road zu verbringen. Zumal die Kinder es hassten, ständig unterwegs zu sein und nie anzukommen.
So blieb mir im Sommer nur eines: Die Pferde. Meinen Sohn ließ ich am Ínternet hängen, unternahm mit ihm einen kurzen Ausflug nach Berlin und ging mit meiner Tochter oft zu den Pferden. Wir hatten aber durch die ganzen Schlaglöcher ein so dermaßen schlechtes Verhältnis miteinander bekommen, dass ich eigentlich permanent hätte heulen können, weil sie mich entweder anfauchte oder ignorierte. Die Situation überforderte sie schlichtweg und die Pubertät tat ihr Übriges. Eigentlich hatten wir gar kein Verhältnis mehr zueinander, es war einfach zu viel Verstörendes und Zerstörendes passiert. Es war schlimm.
Einfach weitermachen
Wenn gar nichts mehr geht, dann hilft nur eines: Einfach weitermachen. Einen Fuß vor den anderen setzen und einfach gehen. Auch wenn man lieber die Decke über den Kopf ziehen möchte oder in den Arm will. Ich verkaufte mein Wohnmobil, weil die Kosten mein Budget überstiegen und der Nutzen Fehlanzeige war – und es kam, wie es kommen musste. Für meine Flausen im Kopf bin ich ebenso bekannt wie dafür, sie entschlossen umzusetzen. Also kaufte ich mir kurzerhand ein Pferd. Immer wieder sagte die Stimme in meinem Kopf: „Du hast grade Reiten gelernt, du kannst dir doch kein Pferd kaufen. Das ist Irrsinn. Das übersteigt deine Kräfte.“ Und dann sagte die andere Stimme: „Wo geht es dir am besten? Bei den Pferden! Wo tankst du Kraft? Bei den Pferden! Was tut deiner Tochter gut? Die Pferde!“
Ich werde das Telefonat mit meinem Lieblingskollegen Gerd nie vergessen, der mir entsetzt vorrechnete, was das alles kosten würde und dass ich dabei arm würde. Dass ich mir das erst durchkalkulieren sollte. Zu spät. Da hatte ich den Überweisungsträger schon unterschrieben. Und, wie ich so bin, habe ich nicht ein Pferd gekauft, sondern zwei. Eigentlich drei. Denn ich habe eine wunderbare Stute mit Fohlen und die Stute ist wieder tragend. Der Plan war, das Fohlen zu verkaufen, um einen Geldpuffer zu haben. Nach einigen Monaten verstand ich, warum mich alle so ausgelacht haben bei diesem Plan: Meine Tochter hatte das Fohlen kurzerhand adoptiert und mir die Stute zugesprochen, die sie eigentlich haben sollte. Ich ahne schon, was passiert, wenn das nächste Fohlen kommt.
Zwei Pferde heißt eine Menge Verantwortung. Und das hat mich wirklich Nerven gekostet, denn ich hatte immer das Gefühl, den Tieren nicht gerecht zu werden oder meine Pferdefreundin Silke zu sehr zu belasten. Sie ist sowieso ein großer Glücksfall, da sie immer für mich da war und sich in so kurzer Zeit zu einer echten, so wichtigen Freundin entwickelt hat. Grade sie wollte ich nicht überbelasten, doch ich konnte einfach nicht alles schaffen, Kinder und Schule, Freiberuflichkeit und Haus und Hof und jetzt noch die Pferde – das ist selbst für mich etwas viel. Sich selbst soetwas einzugestehen als Frau, die immer alles schafft, ist schwer. Zumal ich eine Menge aufzuarbeiten hatte und eigentlich mal Ruhe brauchte, um das Schlimme zu verarbeiten. Pause aber gab es nicht. Und daran war ich auch noch selbst schuld, weil ich mich überhaupt nicht mehr gefühlt habe.
Also überforderte ich mich und ging viel zu oft zu den Tieren. Und hatte noch weniger Zeit für meine Arbeit. Eigentlich gar keine mehr. So blieb wieder das Bloggen liegen, weil ich meine Bücher dann auch noch irgendwie schreiben musste. Für mich selbst Zeit haben, durchzuschnaufen oder wie meine Kinder sagen: Chill doch mal. Gerne. Aber wann bloß?
Ich habe oft mit mir gehadert, ob das mit den Pferden sein musste. Aber es musste sein, denn es macht mich glücklich und gibt mir trotz der ganzen Verantwortung Kraft. Allein schon dieser Moment, in dem meine Tochter mein Pferd eingeritten hat! Den werde ich nie vergessen. Und es tut meiner Tochter gut. Sie verarbeitet all das Schlimme, was wir erlebt haben. Das zu sehen, dafür lohnt sich jeder Aufwand. Nur dass ich mir viel zu viel zugemutet habe, das werde ich ändern. Ich liebe meine Pferde und weiß tief in mir, dass es der richtige Schritt war. Nur muss ich daran arbeiten, das alles so zu organisieren, dass es mich nicht auffrisst. Denn eines habe ich gelernt: Ich brauche viel Zeit und Raum für mich.
Und wenig Zeit heißt wenig Geld, wobei wir wieder beim Geldthema sind. Ich merke, dass es mit Reiseschreiberei und Print über kurz oder lang nicht mehr zum Leben reichen wird bei mir. Ich muss mich umorientieren. Vom Journalismus bin ich schon lange weg, zu schlecht sind die Honorare geworden, zu viel Aufwand für zu wenig Geld. Und es macht auch wenig Spaß. Tatsächlich ist es das Bloggen, was mir wirklich Freude bereitet. Was mein Herz hüpfen lässt. Ich liebe es, Fotos zu machen und zu schreiben. Deswegen werde ich in diesem Jahr alles auf eine Karte setzen: Meinen Blog. Er hat gute Zahlen und ja, ich werde damit Geld verdienen.
Als Journalistin bin ich es gewohnt, auf Pressereisen zu gehen und darüber zu schreiben. Lange habe ich gebraucht, um zu verstehen, dass Blogger für diese Arbeit bezahlt werden – und das zu recht. Recherche vor Ort, Fotos machen, Texte schreiben und – das Wichtigste – Links von einer so gut rankenden Seite wie meiner auf andere zu setzen, hat seinen Wert. Und wenn ich vier Tage auf Pressereise bin und dafür bei einer Zeitung vielleicht ein Honorar von 150 € bekomme, kann ich davon nicht meine Lebenskosten bestreiten, (bei 5 Arbeitstagen ist das ein Honorar von 30 Euro am Tag), da wird ja manches Ehrenamt besser bezahlt. Und das Schlimmste ist: Ich arbeite für andere. Beim Blog arbeite ich für mich und die Artikel verschwinden nicht hinter einer Bezahlschranke. Andere Blogger können ja auch davon leben und zwar gut. Das werde ich in diesem Jahr auch angehen.
Und das Waldthema? Was ist daraus geworden? Vielleicht mache ich es, vielleicht auch nicht. Ich arbeite heimlich daran.
Ich habe eines gemerkt: Ich liebe das Reisen. Und ich brauche es auch mal, ab und an zu Fliegen, andere Länder und Kulturen zu erkunden. Alle paar Jahre reicht. Aber so ohne Perspektive darauf, stirbt auch etwas in mir ab. Reisen ist ein Teil meines Lebens. Ohne die Aussicht darauf werde ich trübsinnig. Das muss ich mir eingestehen, trotz aller Klima- und Nachhaltigkeitszweifel.
Freud und Leid eng beieinander
Doch berufliche Sorgen sind das eine. In diesem Jahr habe ich wieder einmal erfahren, wie viel schlimmer private Sorgen sind. Nicht nur wegen der beschriebenen Vorfälle. Mein Vater hat plötzlich Krebs bekommen und der Gedanke daran, dass er irgendwann bald nicht mehr sein könnte, macht mich fertig und läuft ständig mit im Unterbewusstsein. Auch dafür brauche ich Zeit, diese Emotionen zu verarbeiten. Ganz für mich.
Neben den Pferden gibt es etwas, was mich getragen hat. Meine Freunde. Die, die immer da waren. Und da ist aus einem Freund an meiner Seite, den mir übrigens auch mein Hund beim Weglaufen ins Leben gerufen hat, plötzlich Liebe geworden. Im Spätsommer. Mitten im großen Kummer, hat es zwischen uns gefunkt. Aus heiterem Himmel und ziemlich überraschend für uns beide, die wir uns das nie eingestehen wollten. Und er, der vorher bloß als Kumpel mit mir über die Felder gezogen ist, hat mir gezeigt, dass es sich doch lohnt zu vertrauen und sein Herz zu öffnen. Und dass Männer richtig toll sein können.
Trotzdem war ich froh, als ich hinter 2021 einen Haken machen und ins Neue Jahr starten konnte. Was das alte gemacht hat, ist vergangene Woche mehr als deutlich gewesen: Es hat mir auf die Nase gehauen. Permanent, so wie mein Pferd letzte Woche auch und ich knapp an einem Nasenbeinbruch vorbeigeschliddert bin. Das war wohl noch die letzte Energie des Jahres 21. Dieses Jahr wird alles besser. Hoffentlich. Oder wie habe ich es grade gehört: Erst aus dem Chaos kann die neue Ordnung wachsen. Ich wäre dann jetzt mal bereit!
Nachtrag: Es ist nicht einfach, so einen Rückblick zu schreiben und dabei die privaten Dinge privat zu lassen. Deswegen bleibt manches nebulös und vieles auch ungesagt. Es ist natürlich noch viel mehr passiert. Doch das muss auch privat bleiben.
3 Antworten
Liebe Andrea,
es tut mir sehr leid zu hören, dass 2021 nicht gut zu dir war und ich wünsche dir von Herzen ein wunderbares 2022!
Liebe Grüße, Caroline
Liebe Caroline, dankeschön, das ist ja lieb. Es war halt so letztes Jahr, dieses wird besser.
Liebe Grüße
Wow… was für eine Reise das dir dein Leben beschert und Du uns daran teilhaben lässt.
Diese Prüfungen im Inneren und im Äußeren und das Thema c, daß sich bei jedem Menschen anders äußert oder beeinflusst ist es wert darüber zu schreiben.
eigentlich bin ich durch einen Link auf deine Höhlenwohnungen im Harz aufmerksam geworden und möchte gerne die auch besuchen in nächster Zeit.
das die Geschichte im allgemeinen nur durch die persönlichen Eindrücke Vorort am besten wirken ist unumstritten und vieles… wirklich vieles einfach falsch oder irrtümlich interpretiert in der Schule oder Studium den Schülern beigebracht wird oder die wichtigsten Sachen einfach verschwiegen werden, können nur durch die Reisen und dem persönlichen Durst danach erfüllt werden.
danke schön für deine Kraft und Energie für Menschen die gerne Reisen und somit ihren Horizont erweitern und in ihrem Umfeld.
LG Thomas aus Linz, Österreich 🇦🇹