Schlechtes Wetter in der Kvarner Bucht und trotzdem Inselhüpfen in Istrien per Schiff – das stand die letzten Tage auf dem Programm. Aber auch der schlimmste Jugo hat sich irgendwann ausgetobt und endlich hatten wir Sonne und konnten aufs Rad.
Mit Rad und Boot durch Istrien
Dort sollen wir hinauf radeln? Von hier unten in Rabac sieht Labin romantisch aus, 350 Meter thront der kleine Ort mit der kleinen Kirche. Vor mir plätschert das Meer, hinter mir locken Cafés. Soll ich jetzt wirklich diese Idylle verlassen und nach oben per Rad strampeln? Während meine 17 Mitreisenden das Kräftemessen mit dem Berg kaum erwarten können, bin ich noch zögerlich. Solche extremen Steigungen hatte ich nicht erwartet. Mein Mitreisender Siggi, etwa 10 Jahre älter als ich, knufft mich in die Seite und sagt: „Komm, wenn ich das schaffe, dann schaffst du das längst.“
Inselhüpfen in Istrien – flach kann jeder
Schon bald finde ich mich auf dem Fahrrad wieder – langsam und stetig auf dem Weg nach oben. Urlaub am Strand kann jeder. Und genau den gibt es dieses Mal nicht, wenn auf dem Programm steht Radfahren und Inselhüpfen in Istrien. Was für eine schöne Idee. Unser Quartier ist für diese Woche das Luxus-Motorschiff Andela Lora. Es transportiert nicht nur unsere Koffer, sondern auch die Räder von Hafen zu Hafen – darüber habe ich schon in den vorigen Beiträgen berichtet. Heute sind wir in Rabac am kroatischen Festland und ich eben auf dem Weg nach Labin. Doch schon bald kann ich nicht mehr – die ganze Zeit bergauf schafft mich, ich muss schieben.
Beschwerliche Steigungen und schöne Pausen
Irgendwann zwischen Schieben und Treten komme auch ich oben an und stelle fest: Die beschwerliche Tour nach Labin hat sich gelohnt. Oben erwartet uns nicht nur eine wunderschöne Altstadt, sondern auch ein herrlicher Ausblick auf die Kvarner Bucht mit den Inseln Krk, Cres und Lošinj. Und spätestens als ich die Rückfahrt antrete und den Berg wieder runtersause, kribbelt in mir das Radfahr-Virus: Genau so muss es sein – ein bisschen Sport und Anstrengung bis das Herz klopft und ich meine Muskeln spüre und dann ganz viel Spaß. In diesem Fall ein Geschwindigkeitsrausch. Es ist schön, so ausgepowered am Schiff anzukommen und sich erstmal bei einem Cappucchino in der Sonne zu entspannen. Im Gegensatz zur Ruhe auf den anderen Inseln tobt hier das touristische Leben mit Shops, Souvenirs und Bars am Hafenbecken. Ausflugsschiffe laufen aus anstatt der Fischtrawler, die wir in den anderen Städten gesehen hatten.
Radfahren in Istrien
Am nächsten Morgen startet unsere große Tour – 36 Kilometer querfeldein durch das Inland. Ich habe Respekt vor der Anstrengung, denn inzwischen weiß ich um die Steigungen in diesem Land – gerade Strecken habe ich hier eigentlich noch nicht gesehen. Wir machen uns auf von von Buje über Groznjan nach Livade. Während beim Autofahren alles so schnell an einem vorbeifliegt, nehme ich auf dem Rad alles mit viel mehr Sinnen wahr: Es riecht nach Flieder, Pinien und manchmal auch nach Pferd. Schmetterlinge flattern vor mir her und ich höre die Hühner der anliegenden Höfe gackern. Menschen gehen mit Milchkannen über die Straße zum Melken oder sammeln Eier fürs Mittagessen. Die Steigungen bewältige ich inzwischen viel besser. Vielleicht liegt es daran, dass ich nicht die ganze Zeitr bergauf fahren muss, sondern auch Erholphasen habe beim bergabfahren oder – man glaubt es kaum – tatsächlich gibt es hier auch gerade Strecken. Während David und die fitten Mountainbiker die alte Eisenbahnroute nehmen, die durch Tunnel und über Schotter führt, wie sie mir später erzählen, lassen wir uns gemütlich auf der Landstraße treiben.
Das Wetter ist traumhaft schön und ich bin versöhnt mit den letzten Tagen Dauerregen. Bilderbuchfrühling an der Adria. Überall gibt es Dinge am Wegesrand zu entdecken. Etwa das Künstlerdorf Grožnjan. Der Weg dorthin ist steil und die E-Biker der Gruppe zischen locker an mir vorbei.
Künstlerdorf Grožnjan
Grožnjan mit seinen schmalen Gassen und den vielen Galerien ist malerisch schön. Wo heute Goldschmiede, Maler oder Töpfer ihre handgefertigten Waren anbieten, lag im Mittelalter ein strategisch wichtiger Punkt: „Von hier aus konnte man den Hafen von Baštija gut überblicken, deswegen war Grožnjan einst eine bedeutende Stadt“, erklärt Senad Filipović, der als Guide die Inselhüpfen-Tour begleitet. Und er weiß noch mehr: „In den 1960er Jahren war Grožnjan fast ausgestorben. Und wäre es bis heute geblieben, wenn man die vom Verfall bedrohten Häuser nicht Künstlern zur Verfügung gestellt hätte, um sie herzurichten.“ Deswegen reiht sich hier eine Galerie an die andere, umgeben von malerisch kleinen Gassen und mittelalterlichem Kopfsteinpflaster.
Inselhüpfen per Rad: Trüffel und Spargel in Livade
Weiter geht die Fahrt nach Livade. Wilder Spargel wächst auf den Feldern, Esel grasen und die Buša-Rinder, eine alte, kroatische Rasse, die auf karge Lebensbedingungen spezialisiert ist. Bevor es zum nächsten Bilderbuchort geht, der den Hügel wie eine bunte Krone schmückt, folgt noch ein Anstieg. Jetzt hätte ich wirklich gerne ein E-Bike. Die kroatische Landschaft ist sehr hügelig und das spüre ich mittlerweile in den Beinen. Als hätte sie es gehört, kommt meine Mitreisende Doris plötzlich zu mir und sagt: „Komm, lass uns tauschen, mir ist dieses E-Bike zum langweilig auf die Dauer. Und du kannst dich ein wenig ausruhen.“ Was für eine gute Idee.
Diese Berge haben etwas Gutes – die langen Abfahrten. 5 Kilometer geht es ununterbrochen bergab. Doris sitzt auf ihrem E-Bike und schaut auf ihren Tacho und beginnt zu bremsen. „42 Stundenkilometer? Das ist doch etwas schnell!“ Für andere nicht, die geübten Mountainbiker bringen es auf über 70.
Unten erwartet uns edle Stärkung: Trüffel, denn die Region ist als Trüffelgegend bekannt, seitdem der Gastwirt Giancarlo Zigante in Livade 1999 den größten Trüffel der Welt gefunden hat. Heute unterhält er nicht nur ein Restaurant, sondern auch eine Feinkostmanufaktur. Dort entstehen Trüffelkäse und -pasten, die edle Knolle kommt zudem auch in den Schnaps und das Eis. Ein ganzer Laden voller Trüffelschätze – irgendwie ein Traum.
Als wir zurück auf dem Schiff sind und die Andela Lora im Abendlicht leuchtet, kommt Freiheitsgefühl auf. Auf dem Wasser schlafen und die Welt entdecken, einfach per Rad, was für eine schöne Art Urlaub zu machen. Und als das Schiff dann noch im Sonnenuntergang den Hafen verlässt, ist es wieder da, dieses Reisen-Glücksgefühl.
Die Reise wurde unterstützt vom Veranstalter Inselhüpfen – danke dafür. Hier findet Ihr Teil1 und Teil 3 der Reise.
2 Antworten