Rund um die Schweizer Kantonshauptstadt Bellinzona locken Edelsteine, Kraftorte und ein See mit Weltruhm zu Ausflügen – sieben ganz besondere Tipps für Tessin.
Einzigartige Besonderheiten in Tessin
Mediterranes Klima, Palmen und Cafés an einem türkis in der Sonne schimmernden Bergsee. Wer an das Tessin denkt, der hat meist die Region um den Lago Maggiore vor Augen. Ganz andere, teils weltweit einzigartige Besonderheiten hat der bergige Nordteil des Schweizer Kantons auch im Herbst noch zu bieten. Wir haben die interessantesten Sehenswürdigkeiten und Erlebnisse zusammengestellt.
Bellinzona: Drei Burgen und mediterrane Lebenslust
Bellinzona versprüht Charme. Die Hauptstadt des Schweizer Kantons Tessin lädt mit ihren belebten Fußgängerzonen und den gut besuchten Straßencafés zu einem Stadtbummel ein. Nicht zu übersehen sind die drei mittelalterlichen Burgen der Stadt. Das Castelgrande mit seinen beiden Gaststätten ist vom neu gestalteten Stadtplatz aus direkt mit einem Lift erreichbar.
Auf den Wiesen des Burghofs breiten die Einwohner am Wochenende ihre Decken zum Picknick aus. Wer noch weiter als von den Mauern des Castelgrande in die Ferne schauen will, der sollte den Weg hinauf zum Castello di Sasso Corbarooder oder dem Castello di Montebello nehmen. Die Belohnung ist eine traumhafte Aussicht auf die umliegende Alpenlandschaft. Museumsfreunde können im Museo Villa dei Cedri regionale Kunst bewundern.
Giornico: Sieben Kirchen und ein magischer Moment
Das malerische Örtchen Giornico hat einige Überraschungen zu bieten. Es ist das einzige Dorf der Region, das über eine Flussinsel verfügt. Die beiden romanischen Brücken verbinden die beiden Ortsteile, deren Bewohner einst in verbissener Rivalität darum kämpften, wer wohl die gläubigeren Christen waren.
Das Ergebnis ist noch heute zu sehen: Gleich sieben Kirchen zeugen von diesem Glaubenskampf. Magische Momente erleben feinfühlige Besucher in der Kirche San Nicola. Wer in die Krypta hinabsteigt und mittig auf der ersten Stufe nach unten steht, der spürt deutlich, warum genau dieser Punkt ein Kraftort ist. Kleiner Tipp: Auf die Beine achten. Für regnerische Tage bietet sich das Museum der Leventina an, das in einer einstigen mittelalterlichen Raststätte untergebracht ist.
Airolo: Ein Laib Käse zum Selbermachen
Von wegen alles Käse: Wer in der Schaukäserei St. Gotthard im Ort Airolo zum Essen einkehrt, der bekommt zwar die eigenen Erzeugnisse, aber auch andere Spezialitäten der Region auf den Teller. Ein ganz besonderes Erlebnis ist die Herstellung eines eigenen Käses. „Fünfzig Liter Milch ergeben in etwa fünf Kilo Käse“, erklärt Silverio Pedrini, der die Gäste anleitet.
Er schüttet Lab, ein Enzym aus dem Kälbermagen und Bakterien in den Kupferbottich mit der Milch, die er später umrührt, erwärmt und die geronnenen Anteile in einem Tuch zu einem Laib formt. Mehr an Rohstoffen braucht es nicht, um den Gottardo-Käse zu produzieren. 160 Euro kostet der Workshop für alle Teilnehmer, im Preis enthalten ist der Käselaib, der nach der Reifung zugesandt wird. Das ist allerdings aufgrund der Zollvorschriften nur innerhalb der Schweiz möglich, ausländische Gäste müssen ihn persönlich abholen.
Ritom: Eine der steilsten Standseilbahnen der Welt
Technikaffine Männer sind fasziniert, wenn die knallrote Kabine in die Höhe steigt, die Damen schaudert es manchmal ein bisschen. Die Ritom-Piora-Standseilbahn ist eine der steilsten Bergbahnen der Welt.
Es ist ein Erlebnis, die extremen 87,8 Prozent Steigung im Magen und mit dem Gleichgewichtssinn zu spüren. Der Grund, warum die Schienen im Jahr 1921 genau an dieser Stelle nach oben verlegt wurden, war der Bau des Wasserkraftwerks, dessen Rohre parallel zu den Gleisen verlaufen. Auf einer Länge von 1369 Metern überwindet die Bahn nun schon seit fast 100 Jahren einen Höhenunterschied von 786 Metern, ehe sie nach kurzer Fahrt die Bergstation Piora erreicht. Rund 100 Menschen können pro Stunde transportiert werden.
Alp Piora: Einer der außergewöhnlichsten Seen der Erde
Nach dem Erlebnis, mit einer der steilsten Standseilbahnen der Welt gefahren zu sein, wartet auf der Alp Piora einer der faszinierendsten Seen der Erde auf die Urlauber. Hunderte Wissenschaftler aus aller Welt haben den Cadagno-See schon erforscht. Wer an einer Führung durch das Forschungszentrum für alpine Biologie teilnehmen will, der kann sich entweder anmelden oder auf gut Glück vorbeikommen. Der Wissenschaftler Samuele Roman empfängt gerne Gäste und erzählt mit großer Leidenschaft von den „beiden übereinander liegenden Wasserschichten dieses Sees, die sich nie vermischen“.
Da es der unteren an Sauerstoff mangelt, die obere dagegen sauerstoffhaltig ist, lassen sich unterschiedlich verlaufende Stoffwechsel beobachten – und damit Rückschlüsse auf die Entwicklung des Planeten ziehen. Nur 30 dieser Seen gibt es auf der Erde, einer ist hier im Tessin. Anmeldung per Mail bei raffaele.peduzzi@cardagno.ch. Es gibt auf der Alp Piora auch den Naturlehrpfad Lago Ritom, für den Wanderer gut vier Stunden benötigen.
Faido: Einer der spektakulärsten Wasserfälle des Tessins
Nach starken Regenfällen wird der ohnehin schon sehenswerte Piumogna-Wasserfall zu einem wirklich eindrucksvollen Erlebnis. Dann donnern die Wassermassen in das Becken, in dem sich im Sommer Badegäste von ihren Wanderungen oder Rad-Touren erholen. 43 Meter hoch ist der Wasserfall, und nicht nur bei Touristen, sondern auch bei den Einheimischen beliebt.
Nur knapp elf Kilometer verläuft der Fluss Piumogna durch die Bergwelt, und kurz nach dem spektakulären Finale im Wasserfall von Faido mündet er in den Oberlauf des Tessins. Ein Grillplatz steht hier ebenso zur Verfügung wie eine Picknick-Zone, auf der anderen Seite des Flusses toben Kinder auf einem großen Spielplatz. Restaurants sind in Geh-Entfernung vorhanden und Parkplätze gibt es ebenfalls.
Lago Tremorgio: Auf der Suche nach dem Edelstein Skapolith
Nicht nur Kinder, sondern auch Geologen und Mineraliensucher sind fasziniert, wenn es an den Ufern des Lago Tremorgio glitzert. Schon im Jahr 1929 wurde der Tessiner Carlo Taddei auf ein Mineral aufmerksam, das er am See fand: Das stäbchenförmige Skapolith. Es hat Edelsteinqualität, ist bis zu sieben Zentimeter lang und meist durchsichtig bis gelblich. Wer sich weniger für Kristalle und mehr für die Natur interessiert, der ist vom Tremorgiosee dennoch begeistert.
Er liegt in einem Kessel, der einst von einem Gletscher gestaltet wurde und gleicht einem riesigen Amphitheater. Da der See nur ein paar Gehminuten von der Bergstation der Seilbahn Rodi-Tremorgio entfernt ist und wiederum nur ein paar Minuten von einer rustikalen Berghütte, ist er vor allem bei Ausflüglern beliebt, die sich nicht allzu viel bewegen wollen. Alle anderen starten von der Hütte aus zu langen und eindrucksvollen Wanderungen.
Weitere Informationen
Übernachten: Eine Übernachtung im Boutique & Business Hotel La Tureta in Bellinzona kostet mit Frühstück für zwei Personen im Oktober ab 190 Euro (z.B. über Tui).
Eine Übernachtung in Airolo kostet im Hotel Bed&Bike Tremola San Gottardo im Doppelzimmer mit Frühstück ab 160 Euro.
Auskunft: Ticino Turismo, Via C. Ghiringhelli 7, Casella Postale 1441, 6501 Bellinzona, Tel: +41 918257056, www.ticino.ch.
Der Autor recherchierte mit Unterstützung von Ticino Turismo und Schweiz Tourismus.