Eine der schönsten Kirchen steht in Paris. Nein, nicht Notre Dame. Sainte Chapelle finde ich viel schöner. Einst war sie auch der heiligste Ort der Stadt und bis heute ist es einer der kraftvollsten Plätze in Paris.
Blaues Licht fällt durch die schmalen, 12 Meter hohen Fenster. Es funkelt und schillert, mal lila, mal rot, mal blau. Es sind zu viele Farben auf einem Raum, das Auge mischt sie zu einem Lila, setzt rote Akzente und wer sich anstrengt, kann Grün, Braun oder Weiß ausmachen. Dass diese Farben Teile von Bildern sind und Bibelszenen darstellen, das war in den ersten Momenten der Betrachtung zu viel für mein Hirn, es hat diese Information einfach nicht sehen wollen. Erst als meine Tochter mir sagte, dass dort Bibelszenen zu sehen seien, schaute ich näher hin und versuchte die Zusammenhänge zu entschlüsseln. Ein, zwei Motive weit ging das gut, aber dann konnte ich meine Aufmerksamkeit nicht mehr darauf fokussieren und nahm das bunte Licht einfach in seiner ganzen Pracht wahr. Die kleinen, bunten Farben, vor allem, die vielen Stellen, an denen Rot und Blau nebeneinander gesetzt waren, mischte mein Auge zu lila und ich fühlte mich wie unter einer Ametyst-Lichtlampe.


Ich bin nicht die einzige, die von den Fensterszenen überfordert ist, ganze 1134 Darstellungen, zumeist aus dem Alten Testament sind dort abgebildet, viele der Fenster sind stammen heute noch aus dem 14. Jahrhundert, andere wurden im 19. Jahrhundert restauriert. Während Notre Dame eine öffentliche Kathedrale war, sollte Sainte Chapelle die kleine Kapelle sein, die nur den Königen und seinen Gästen vorbehalten war. Und dementsprechend königlich war sie ausgestattet, vor allem mit den Fenstern, die einen Raum schaffen sollten, der nur noch mit dem Paradies vergleichbar wäre.



Ludwig der Heilige hatte die Kirche als Teil seines Stadtpalastes errichten lassen, denn er hatte heilige Reliquien erstanden: Die Dornkrone von Jesus, Teile des Kreuzes und sogar einen Teil der Lanze, die Jesus in den Körper gerammt worden ist, waren in seinen Besitzt über gegangen und brauchten ein würdiges Zuhause. So also ließ er Sainte Chapelle errichten. Der Kirchenschatz währte bis zu seinem Brand im Jahre 1630, später wurde die Kapelle während der Französischen Revolution schwer beschädigt und sollte sogar abgerissen werden. Die Reliquien wurden längst nach Notre Dame überführt, doch die Kirche Sainte Chapelle bleibt einfach unvergleichlich in ihrer Wirkung. Eigentlich müsste man dort im ersten Morgenlicht hingehen und schauen, wie Fenster und Platz wirken, doch das konnten wir nicht, also waren wir nachmittags dort. Es ist nicht nur die Oberkapelle von Sainte Chapelle, die ihre Besucher so derart in den Bann zieht, nachdem sie sich den Stieg über die schmale Steinwendeltreppe erobert haben. Auch die Unterkapelle mit ihren blau-golden geschmückten Wänden und Arkaden ist ein Bauwerk, das königlich wirkt. Und doch ist sie heute versteckt, denn der Palast des Königs ist längst zum Justizpalast geworden, der sogar an die Kapelle herangebaut wurde. Er umschließt sie mit seinen dicken Mauern, so dass sie von der Straße nicht einsehbar ist – ganz so, wie der König es eben damals wollte.


Sainte Chapelle ist nur mit Eintrittskarte zu besuchen. Aufgrund der Sicherheitskontrollen kann es dort zu langen Wartezeiten kommen. Wer sich die Karten vorher bei der Paris-Info kauft, kann ohne Wartezeiten hinein gehen und wird einfach vorgelassen. In diesem Fall lohnt es sich also. Der Eintritt kostet 10 €, Kinder bis 18 sind frei. Sainte Chapelle ist im Winter täglich von 9-16.30 Uhr, im Sommer bis 18 Uhr geöffnet. In den Wintermonaten haben Pariser Museen am ersten Sonntag im Monat freien Eintritt (November-März).



7 Antworten
sehr schön aber muss man für eine Kapelle Eintritt verlangen und dann noch 10 Euro ???
Lieber Manni, das ist eine gute Frage, die ich mir auch immer stelle, wenn man bei Kirchen Eintritt zahlen soll. Ich finde das auch nicht richtig, denn es nimmt dem Gebäude ja den Sinn, denn eigentlich sollte jeder dort zu zum BETEN kommen können, wann und wie oft er oder sie will, oder? Und egal, wieviel Geld man hat, es sollte immer möglich sein, dort spirituell zu arbeiten, seine Sorgen oder seine Freude zu teilen. So werden mehr und mehr Kirchen zum Museum, das ist nicht richtig, denn sie sollten Spiritualität leben. Danke für den Input, hat wieder einen Aspekt getroffen, den ich auch sehe. Liebe Grüße und dir ein ganz schönes Fest!
Liebe Andrea,
die Schönheit der Sainte Chapelle ist schon beachtenswert.
Die Darstellungen in den Fenstern kann man wahrscheinlich nur bei mehrmaligen Besuchen verarbeiten. Zumindest ginge es mir so.
Mich befremdet aber die Tatsache sehr, dass dort Eintritt verlangt wird. Eine freiwillige Spende wäre für mich OK…
Es ist letzten Endes ein Gotteshaus, in das die Menschen zum Beten gehen möchten. Schade, denn das gibt der Sache leider einen bitteren Beigeschmack. Meine Meinung!
Aber deine Bilder sind wunderschön und zeigen was Menschen im Stande sind zu leisten.
Herzliche Grüße,
Lilo
Liebe Andrea,Du hast mir die St.Chapel naeher gebracht,ich kannte sie nicht.
Vielen Dank,wunderschoene Photos !
Danke Lilo, das finde ich auch, es ist ein Gotteshaus – wenngleich ein wirklich wunderschönes. Zum Beten geht aber dort leider bestimmt niemand mehr hin, was irgendwie traurig ist, denn so wird der Ort zweckentfremdet. Dabei wäre es ein perfekter Platz für Kontemplation und Innehalten.
Liebe Grüße und danke für die schöne Rückmeldung
Liebe Erika, oh, das freut mich aber, das ich dir eine neue „Welt“ zeigen konnte. Ganz liebe Grüße