Zurückkehren von Reisen ist manchmal ein Schock. Vor allem, wenn man gerade aus Italien kommt. Ich war in der Emilia Romagna und habe mich an Leckerbissen aus Comacchio erfreut. Als ich am Tag danach im deutschen Supermarkt stand, wollte ich nicht glauben, was ich da sah: Durch und durch industrialisierte Nahrung. Nudeln aus der Maschine, Cornflakes in Packungen, die überall auf der Welt gleich aussehen, Käse in Plastik – Massenwahre eben. Ich war wohl etwas entwöhnt davon in den vergangenen Tagen. Aber wieso können wir nicht die kleinen handgemachten Spezialitäten aus den Regionen in unsere Regale und Vorratskammern packen? Wo sind die Kekse und Brote lokaler Bäcker? Die Säfte und Biere? Genau das ist es doch, was wir an anderen Ländern so lieben. Etwa an Italien. Dort habe ich das erste Mal in meinem Leben Radicchio-Marmelade gegessen – was für ein Genuss.
Die Emilia Romagna gilt auch als das Essensparadies Italiens. Hierher kommen der Balsamico, der Parmaschinken und der Gran Pandanokäse. Als ich das das erste Mal hörte, klang es für mich so beliebig, wie aus anderen Regionen auch, wenn diese Werbung für ihre lokalen Spezialitäten machen. Doch als ich jetzt wieder dort war, musste ist feststellen: „Das Essen hier ist tatsächlich etwas Besonderes.“ In den kleinen Gassen Comacchios, die von Kanälen anstatt von Strassen durchzogen sind, reiht sich ein Spezialitätengeschäft neben das andere. Hier verkauft ein Fischmann frische Muscheln und Sardellen. Einige Schritte weiter gibt es handgerolltes Brot, jeder Laib sieht anders aus, manche größer, manche kleiner. Honig, Gläser mit eingemachten Anchovis, Würste, die im ganzen Stück anstatt Scheibchenweise in der Plastik auf dem Tresen liegen, Kräuter in kleinen Dosen und selbst das Gemüse ist ansprechender auf den kleinen Kisten drapiert.
Klingt alles romantisch nach Touristennepp, oder? Natürlich gibt es auch die Supermärkte, in denen viele Einheimische einkaufen, aber auch dort stehen die handgemachten Produkte in den Regalen. Hier gibt es nicht einen Bäcker mit hunderten Fillialen zwischen Kassel und Würzburg, sondern kleine Backstuben erfreuen mit neuen Ideen. Das Brot sieht hier aus wie ein großes H mit in sich gedrehten Teigröllchen und ist garantiert mit der Hand gerollt. Die Polenta kommt mal gegrillt und mal in feine Streifen geschnitten auf den Teller, aber vor allem isst man hier Aal in allen Variationen: gegrillt, gekocht, mariniert, denn die vielen kleinen Flüsse und Kanäle des Po sind reich an diesen Fischen. Als ich bei uns wieder im Supermarkt war, erwischte mich wirklich der eiskalte Schreck, ob des Kontrastes: Alles fein abgepackt unter Plastikhüllen, alles sieht gleich aus. Die ganze Lebendigkeit fehlt der Nahrung, alles ist genormt und sieht so tod aus. Selbst das Gemüse ist so grade und gleich lang.
Nach all dieser beeindruckenden Vielfalt, die Regionales hervorbringen kann, frage ich mich: Wo ist diese Vielfalt bei uns geblieben? Wenn ich nachdenke, fallen mir kaum Rezepte ein, die man hier traditionell kocht, wo ich lebe – oder kennt Ihr Rezepte aus dem Deister? Oder aus dem Großraum Hannover? Mit fallen da Döner und Pizza ein. Und ernstgemeint: Spargel, klar. Wild im Herbst – ja. Aber wo sind die Käsesorten, die Kräutertees, die lokalen Biere, die Säfte und typischen Nachspeisen? Kennt Ihr welche? Ich würd mich freuen. Und wo kauft Ihr Feines, Handgemachtes? Delikatessenläden (teuer!), Hofläden oder auf dem Markt?
Die Recherche wurde unterstützt von Emilia Romagna Tourismus – vielen Dank dafür!
2 Antworten
Auch ich liebe die Frische und Klarheit der italienischen Küche, die Farben und Gerüche. Vieles an Gemüse baue ich selbst an, kaufe einmal im Monat bei Tiroler Bauern, ansonsten beim türkischen Gemüsehändler und im italienischen Supermarkt in Frankfurt. Nudeln mache ich oft selbst und Brot backe ich auch am liebsten im eigenen Backofen.
Liebe Caroline, das ist ja total super, was du alles machst. Wenn jeder so denken würde, würden wir viel für die Umwelt und uns selbst tun.
Schön, dich hier zu lesen. Ganz viele Grüße
Andrea