Viel zu oft fährt man daran vorbei, um in den Harz zu gelangen. Dabei ist Goslar selbst eine Reise wert. Wir haben am Wochenende einen wunderbaren Tag in Goslar verbracht – mit Geschichte, Abenteuern und leckeren Süßigkeiten.
Kaiserpfalz und warum die Strafe auf den Fuß folgt
Erze und Kupfer des Bergwerkes Rammelsberg haben Goslar nicht nur reich, sondern strategisch auch derart bedeutsam gemacht, dass es Sitz der deutschen Kaiser wurde. Davon zeugt heute die Kaiserpfalz. Dorthin musste ich schon als Kind – die Kaiserpfalz hatte ich irgendwie ganz anders in Erinnerung, als ich sie das erste Mal wiedersah. Viel größer und viel weiter außerhalb der Stadt gelegen, wahrscheinlich waren meine Beine einfach zu kurz und der Gang kam mir so elend weit vor. Ob das wohl später meinen Kindern auch so gehen wird? Auf jeden Fall beeindruckt es sie, das das Gebäude älter als 1000 Jahre ist.
Jetzt gehe ich selbst hin und bin gespannt, ob mich das Bild mit der optischen Täuschung noch immer so fasziniert wie damals. Die Kinder sehen eher gelangweilt aus. Das ändert sich aber schnell, als uns die Führerin die vielen Wandgemälde von Hermann Wislicenus erklärt. Meine Tochter freut sich, dass die die Dornröschendarstellung erkennt. Mein Sohn will mehr über die Kaiser und Barbarossa wissen. Und ich bin erstaunt über merkwürdige Zufälle: So hat Heinrich V. seinen Vater Heinrich IV. vom Thron verstoßen, um selbst an die Macht zu kommen. Soetwas, sagte der Aberglaube damals, dürfe nicht ungestraft bleiben – und tatsächlich traf ein Blitzschlag Heinrich V. in Goslar in die Ferse, so dass er Zeit seines Lebens gehbehindert bleiben sollte. Geschichte kann so spannend sein.
Übrigens das Pferd, das so gemalt ist, dass es einen verfolgt, beeindruckt mich noch immer. Meine Tochter hingegen staunt, dass der Maler Wislicenus samt dreier Gehilfen 20 Jahre für die Gemälde gebraucht hat. Und dass Reisen bildet, zeigt sich zum Schluss der Führung: Wir sehen auf einem Gemälde Luther auf dem Wormser Reichstag und mein Sohn sagt: „Der hat doch dann auf der Wartburg gelebt.“ So fügt sich dann ein Puzzleteil ins andere.
Innenstadt
Genug drinnen gewesen, so viel Zuhören muss Bewegung entgegen gesetzt werden. Nicht nur die Kinder brauchen das, ich atme auch tief durch, als wir durch Goslars Straßen spazieren. Manches ist herrlich altmodisch, etwa die Andenkenläden. Ich mag das ja, wenn es so nostalgisch ist und hoffe, es wird nicht von irgendwelchen Ketten ersetzt, sondern der Reiseandenkenladen kann sich nich lange hier halten. Wir kommen vorbei an der Abzucht, dem Okernebenfluss, sehen ein Mühlrad sich drehen und fühlen uns bei diesen schmalen Gassen und Fachwerkhäusern wie ins Mittelalter versetzt.
Marktplatz
Besonders gut gefallen hat uns der Marktplatz – vor allem der goldene Greif, der auf dem Brunnen thront. Nein, auch wenn Wikipedia es anders sagt, es ist kein Adler, wie wir in der Kaiserpfalz gelernt haben, sondern tatsächlich der Sagenvogel. In der Kaiserpfalz befindet sich die Originaldachfigur aus Bronze aus dem 13. Jahrhundert. Dort lernt man auch, dass das Fabelwesen als Bewacher und Förderer von Reichtum und Gold gilt. Am Brunnen glänzt eine Replik wunderschon golden in der Sonne. Dahinter leuchtet das Hotel Kaiserworth knallorange – auch ohne Sonne. So macht Goslar gute Laune. Gegenüber liegt das Rathaus mit dem berühmten Huldigungssaal und seinen Fresken. Und dem gegenüber das Hotel Schiefer, in dessen Giebel ein Glockenspiel von der Geschichte des Bergbaus am Rammelsberg erzählt. Und ganz in der Nähe duftet es nach Kaffee und Kuchen aus den Gasthäusern Butterhanne und dem Brauhaus Goslar. In letzerem gibt es übrigens auch Einheimisch – Harzer Rotes Höhenvieh, für alle die Fleisch mögen. Die Butterhanne ist sehr gemütlich mit ihrem mehr als 500 Jahre alten Ambiente – harzechter kann man hier kaum essen.
Hirsch-Apotheke
Beim Bummel durch die Stadt stoßen wir auf einen wunderschönen Platz mit Arkaden, u-förming umsäumt von Fachwerkgebäuden – und der wohl schönsten Apotheke Deutschlands: Die Hirsch-Apotheke, von außer eher klassizistisch anmutend, von innen aber superhübsch biedermeierlich mit den Porzellandöschen, braunen Glasflaschen und vielen Schubladen, so stellt man sich eine Apotheke vor. Aber auch das Teelädchen, der Laden mit Räucherstäbchen lohnen einen Blick.
Tortenküche: Cupcakes aus Goslar
Wir kriegen langsam Hunger und ich hatte da doch so einen hübschen Laden gesehen – Tortenküche heißt er. Die Inhaberin Jana Heydick hat sich hier einen Traum erfüllt und einen Laden mit Cupcakes und Cakepops eröffnet. Bunt, süß und sehr lecker. Man sieht, dass die kleinen Köstlichkeiten mit Liebe und von Hand hergestellt sind. Unbedingt probieren!
Himmelsleiter: auf dem Nordturm der Marktkirche Goslar
So viel Süß erfordert Bewegung – gut, dass hier die nächste Herausforderung gleich ganz nah ist – Himmelsleiter steht in Regenbogenbuchstaben auf der Eingangstür zum Nordturm der Marktkirche. Es sind 233 Stufen nach oben – und eine echte Mutprobe für meine Tochter, die noch nie auf einen Turm gestiegen ist. Man kann durch die Holzstiegen hindurchsehen und ich kann die weichen Knie meiner Tochter regelrecht mitfühlen. Hilft nichts, wir sind tapfer und halten durch bis uns oben eine Überraschung erwartet. Denn die letzten Stufen sind tatsächlich nur eine Leiter, eine steile Stiege. Dafür ist das Gefühl schön, wenn man es geschafft hat und den Ausblick genießen kann. Ist ein bisschen wie aus dem Flugzeug, sagen meine Kinder und sind noch fröhlich. Bis das Unerwartete kommt: Nur einen Meter über uns beginnt die Kirchenglocke zu schlagen und fährt uns durch Mark und Bein mit ihrer Lautstärke. Meine Tochter flüchtet heulend. Ich hoffe, ich kriege sie je wieder auf einen Kirchturm. Beim Herausgehen bekommen wir eine Postkarte vom Turm geschenkt mit einem Stempel darauf, meine Tochter bewahrt sie nun auf wie eine Trophäe. Das Dokument ihrer Mutprobe.
Kunsthandwerk im Hospitz Großes Heiliges Kreuz
Doch schon bald ist die Welt wieder in Ordnung, als wir in das ehemalige Hospitz gehen, das heute zu einem Handelsplatz für Kunsthandwerker geworden ist. In dem langgestreckten Gebäude sind die Räume ganz winzig, dass einst gerade mal ein Bett und Tisch hineinpassten. Was im 13. Jahrhundert Pilgern und Reisenden eine Heimat bot, ist heute Ladenfläche für Kindermoden, Filzhüte oder anderes Handgemachtes. Das Besondere: Die Türen sind derart niedrig, dass man den Kopf einziehen muss.
Wir haben längst nicht alles geschafft, das militärhistorische Museum wäre für meinen Sohn sicher toll und die Zinnfigurensammlung im gleichnamigen Museum müssen wir auch noch sehen. Wir kommen bestimmt wieder – aber dann im Sommer. Und bevor wir zum Auto kommen, entdecke ich endlich einen Laden, der Harztypisches anbietet. Ja, ich finde, der Harz kann auch mit seiner Küche punkten und braucht keine bayerischen Almen auf Torfhaus oder irgendwo anders. Bei Sühl’s Harz-Spezialitäten gibt es endlich Regionales – und wie lecker das aussieht: von der Marmelade bis zum Saft. Wenn ich im Harz bin, will ich auch die Produkte von von den dortigen Bergwiesen essen!
Auch andere Blogger schreiben über den Harz, etwa Janett vom Blog Teilzeitreisender. Hier erzählt sie über ihre Lieblingsplätze. Und Miriam vom Blog North Star Chronicles schreibt hier über das Bergwerk Rammelsberg.
13 Antworten
Schöner Städtebeitrag ! Goslar kenne ich nur vom hören und sagen ! War auch noch nie dort ! Ist aber eine schmucke Stadt ! Vielleicht komme ich ja mal in die Ecke ! Danke fürs zeigen !
Lieber Manni, immer gerne! Das lohnt sich wirklich, aber besser im Sommer, dann kann man den Harz auch genießen, wenn man sowieso schon von weit her kommt. Schönen Sonntag noch
Andrea
ja im Sommer kann man dann auch mal „draußen“ sitzen ! Ich finde die Jahreszeit jetzt für Städte nicht so ideal ! Ich wünsche dir auch noch einen schönen Sonntag und morgen gehts ja wieder los mit dem Alltag ! Manni
Wow – besser kann man Goslar fast gar nicht beschreiben & das sag ich als Goslarerin 😉 Diese kleine aber feine Stadt ist immer eine Besichtigung wert!
Hier noch ein kleiner Tipp: Wenn ihr Goslar wirklich mal von oben sehen wollt, dann fahrt zum Maltermeister-Turm! Die Aussicht von dort oben ist wunderschön! Gibt dort auch leckere Windbeutel 😉 Und unten am Rammelsberg liegt auch das Bergwerkmuseum! Hier lohnt sich eine Führung unter Tage!
Schöne Bilder und ein toller Beicht – freue mich, dass es Euch in GS so gut gefallen hat. Wir hatten vor einiger Zeit auch eine großartige, sehr kurzweilige Führung durch die Kaiserpfalz; höchst informativ. Der unerwartete Glockenschlag im Turm ist natürlich ein Highlight;). In Goslar lohnen sich noch das Soup & Soul Kitchen (besser reservieren) und das Schwarze Schaf…[ich sollte mal mehr Gastroberichte in meinen Blog einbauen]. Viele Grüße aus Goslar, Lisa
Liebe Lisa, ja, Goslar war toll, auch mit dem Glockenschlag über dem Kopf 🙂 ich freue mich, dass dir mein Bericht gefallen hat. Und vielen Dank für die Gastrotipps, genau das habe ich vermisst, man findet ja immer nur das Althergebrachte, wenn man dort nicht wohnt. Und ja, baue doch mehr Gastro bei dir ein, das ist immer gut. Liebe Grüße in den schönen Harz!
Oh, vielen Dank für diese schönen Worte, da startet der Montag gleich ganz besonders gut. In Rammelsberg waren wir schon, es war richtig toll. Aber den Maltermeister-Turm hab ich gleich auf die Liste genommen. Da muss ich ja bald noch mal hin, wenn sich hier noch mehr Tipps ansammeln von Euch. Wie schön! Vielen Dank dafür und ganz viele Grüße zurück
Toll, was Deine Kinder alles mit Dir erleben. (Auch wenn Deine Tochter, dass beim Glockenschlag vielleicht nicht ganz so sah. Aber auf lange Sicht gesehen, wird sie die Geschichte bestimmt gern erzählen :-)) Einen guten Wochenstart, Stefanie
Liebe Stefanie, oh danke! Ich finde es auch toll, solche Sachen zusammen zu machen, mit Kindern eröffnet sich einfach eine andere Sicht der Welt. Liebe Grüße
So ein Unsinnsbeitrag. Naja, was will man bei der Oberflächlichkeit auch erwarten. Das Wichtigste fehlt. Ich habe direkt nebenan
In der Bergstraße gewohnt. Der Winter mit dem Weihnachtsmarkt und dem besonderen Weihnachtswald auf dem Schuhhof ist sehr besonders und kommt auch mit St. Moritz oder Chur oder Sils Maria nicht mit.
Glück auf
Sinn und Unsinn liegen im Auge des Betrachters, Tiefe und Oberflächlichkeit ebenso.Aber danke für den Tipp mit dem Weihnachtsmarkt